Verwaltungsgebühren für Widerspruchsverfahren

von Verwaltungsdirektor Wolfgang Fabry, Mühlheim

in HSGZ 1995 Seite 89

 

Einleitung:

Das verwaltungsgerichtliche Vorverfahren, das mit der Widerspruchseinlegung durch die widerspruchsführende Person beginnt und mit dem Widerspruchsbescheid endet, falls der Widerspruch nicht zurückgenommen worden ist, war in Hessen mangels gesetzlicher Kostenregelungen für die widerspruchsführende Person bislang kostenfrei. Mit der Änderung des Hessischen Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung (AGVwGO) durch das Gesetz zur Änderung verwaltungsverfahrens- und kostenrechtlicher Vorschriften vom 01.12.1994 (GVBl. I S. 677) ist nunmehr dieser bisherige Rechtszustand mit Wirkung zum 01.02.1995 geändert worden.

Rechtsgrundlagen:

§ 10a AGVwGO, der neu in das Gesetz eingefügt worden ist, bestimmt in Abs. 1 Satz 1, daß von der Widerspruchsbehörde Kosten (Gebühren und Auslagen) zu erheben sind, soweit der Widerspruch erfolglos geblieben oder zurückgenommen worden ist. Diese Kosten sind nach Maßgabe des Hessischen Verwaltungskostengesetzes zu erheben; kostenregelnde Rechtsvorschriften der der Aufsicht des Landes unmittelbar unterliegenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, also z.B. der Gemeinden, stehen dabei Verwaltungskostenordnungen im Sinne des Verwaltungskostengesetzes gleich.

Das Hessische Verwaltungskostengesetz, das ebenfalls umfassende Änderungen durch das Gesetz vom 01.12.1994 erfahren hat und zwischenzeitlich auch in der neuen Fassung verkündet worden ist (GVBl. I, 1995, S. 2), ist um Regelungen ergänzt worden, die sich auf den neuen Rechtszustand der Kostenpflichtigkeit der Widerspruchsverfahren beziehen. Hinzuweisen wäre insbesondere auf die Bestimmungen des § 4 Abs. 3 bis 7. Alle übrigen Vorschriften des Verwaltungskostengesetzes, beispielsweise über die persönliche Gebührenfreiheit, gelten natürlich auch für die Widerspruchsgebühr.

Grundsätzlich gilt, daß diese neue Widerspruchsgebühr nur für die Widerspruchsverfahren erhoben werden kann, die nach dem Inkrafttreten der Neuregelung, also nach dem 01.02.1995 durch die Einlegung des Widerspruchs eingeleitet worden sind. Die zu dem genannten Zeitpunkt schon schwebenden Widerspruchverfahren bleiben von dieser Regelung unberührt. Für den Zeitraum zwischen dem 01.02. und dem 30.04.1995 ist die Übergangsvorschrift des Artikel 7 Abs. 3 des Gesetzes vom 01.12.1994 zu beachten, wonach die Widerspruchsgebühr für in dieser Zeit eingelegte Widersprüche nur erhoben werden kann, wenn die den Widerspruch führende Person auf die Möglichkeit einer Kostenpflicht aufmerksam gemacht worden ist und sie nicht innerhalb eines Monats nach Zugang dieses Hinweises den Widerspruch zurückgenommen hat. Zu beachten ist, daß dieser Hinweis nicht mit der Rechtsbehelfsbelehrung zu einem Verwaltungsakt verbunden werden darf, sondern völlig getrennt von dieser, möglichst auf einem besonderen Blatt erteilt werden sollte.

Kostenfreiheit:

Gemäß § 10a Abs. 3 AGVwGO bleiben Widerspruchsverfahren, die die Erhebung von Steuern durch Gemeinden und Landkreise zum Gegenstand haben, kostenfrei. Diese Regelung betrifft allerdings nur die Steuererhebung, nicht die Erhebung sonstiger kommunaler Abgaben, wie beispielsweise Beiträge, Gebühren und Erstattungsansprüche nach den Vorgaben des Hessischen Kommunalabgabengesetzes (KAG). Wenn der Gesetzgeber auch diese kommunalen Abgaben hätte unter die Kostenfreiheit fallen lassen wollen, hätte dies ausdrücklich bestimmt werden müssen, denn die Steuern sind lediglich ein Unterbegriff des Abgabenbegriffs. Kosten für das Widerspruchsverfahren werden ebenfalls nicht erhoben in Verfahren, bei denen der Rechtsweg zu anderen Gerichten als den Verwaltungsgerichten gegeben ist — z.B. in Ausgleichssachen gem. § 92 Hessisches Wassergesetz (HWG) — oder wenn der widerspruchsführenden Person im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Prozeßkostenhilfe zu gewähren wäre. Diese muß dann aber diesen Sachverhalt innerhalb der Widerspruchsfrist der Behörde gegenüber glaubhaft machen (§ 4 Abs. 7 Verwaltungskostengesetz).

In Angelegenheiten, für die in § 7 Abs. 1 Verwaltungskostengesetz sachliche Kostenfreiheit geregelt ist, gilt diese Kostenfreiheit allerdings nicht für die Widerspruchsgebühr, was sich aus § 7 Abs. 2 Verwaltungskostengesetz ausdrücklich ergibt. Da diese Vorschrift jedoch § 8 Verwaltungskostengesetz unberührt läßt, bleibt es bei der persönlichen Gebührenfreiheit der in § 8 Abs. 1 Verwaltungskostengesetz genannten juristischen Personen auch in Bezug auf die Widerspruchsgebühr. Für die Gemeinden bedeutet dies, daß auch für Widerspruchsverfahren im Rahmen der Wahrnehmung von kommunalen Pflichtaufgaben und Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung persönliche Gebührenfreiheit besteht, wenn nicht ein Ausnahmefall des § 8, Abs. 3 bis 5 Verwaltungskostengesetz vorliegt.

Auswirkungen auf die Gemeinden:

Für die gemeindliche Praxis bedeutet diese Neuregelung, daß nunmehr künftig Verwaltungskosten für die Durchführung von Widerspruchsverfahren in Selbstverwaltungsangelegenheiten zu erheben sind. In Weisungs- und Auftragsangelegenheiten sind die Gemeinden i.d.R. nicht Widerspruchsbehörde und deshalb auch nicht mit der Kostenentscheidung oder -erhebung belastet. Die Gemeinden sind allerdings auch selbst kostenpflichtig, wenn sie gegen Bescheide des Kreises oder des Landes Widerspruch einlegen und keine persönliche Gebührenfreiheit i.S.d. § 8 Verwaltungskostengesetz genießen.

Die Umsetzung des neuen Rechts:

Die gesetzliche Regelung der Kostentragungspflicht durch die widerspruchsführende Person gilt natürlich nicht von sich aus, sie bedarf der Umsetzung im Verwaltungsakt. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen der Grundentscheidung, in der festgestellt wird, daß die widerspruchsführende Person die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu tragen hat und der eigentlichen Kostenfestsetzung.

Die Kostengrundentscheidung:

Endet das Widerspruchsverfahren durch den Erlaß eines Widerspruchsbescheides, dann ist in diesem Bescheid die Kostengrundentscheidung zu treffen. Der Tenor dieses Widerspruchsbescheides lautet, wenn der Widerspruch insgesamt erfolglos bleibt:

1. Der Widerspruch wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Widerspruchsverfahrens hat der/die Widerspruchsführer/in zu tragen.

In der Begründung dieses Widerspruchsbescheides ist in diesem Falle auf die gesetzliche Regelung des § 10a AGVwGO zu verweisen (§ 14 Abs.2 Satz 2 Verwaltungskostengesetz).

Gibt die Widerspruchsbehörde dem Widerspruch nur teilweise statt und weist sie ihn im übrigen zurück, so sind die Kosten des Widerspruchsverfahrens verhältnismäßig zu teilen (so BVerwG, Urteil vom 25.09.1992 - 8 C 16/90 - in NVwZ 1993, 1099 = DÖV 1994, 83). Diese Aufteilung ist in der Begründung des Widerspruchsbescheides nachvollziehbar zu erläutern.

Wenn die Kostengrundentscheidung Bestandteil der Widerspruchsentscheidung ist, also der Widerspruch ganz oder teilweise erfolglos blieb und nicht zurückgenommen wurde, kann diese isoliert — aus von der Hauptsache unabhängigen Gründen — angefochten werden. § 158 Abs. 1 VwGO findet keine Anwendung. Eines erneuten Vorverfahrens bedarf es vor Klageerhebung nicht (vgl. BVerwG, Urteile vom 6. Dezember 1963 - VII C 76.63 - BVerwGE 17, 246 <249>, vom 18. Dezember 1975 - V C 47.74 - Buchholz 424.01 § 147 FlurbG Nr. 3 S. 1 <4> und vom 14. November 1979 - 8 C 35.79 - BWV 1981, 135; Beschlüsse vom 1. August 1969 - VI C 58.66 - BVerwGE 32, 346 <347>). Allerdings gibt es keine isolierte Anfechtung der Kostengrundentscheidung durch Widerspruch. Ihre Aufnahme in den Widerspruchsbescheid führt zwangsläufig dazu, daß sie nur im Wege der Anfechtungsklage angegriffen werden kann.

Ist die Kostengrundentscheidung nicht Bestandteil eines Widerspruchsbescheides, weil z.B. der eingelegte Widerspruch zurückgenommen worden ist oder die Hauptsache des Widerspruchsverfahrens sich erledigt hat, dann muß die Kostengrundentscheidung in einem eigenständigen Verwaltungsakt getroffen werden. Hier bietet es sich an, in diesem dann auch die Kostenfestsetzung selbst vorzunehmen. Diese Kostenentscheidung würde in diesem Falle wie folgt zu fassen sein:

In dem Widerspruchsverfahren der/des ...

Widerspruchsführer/in,

gegen

die Gemeinde ...., vertreten durch ihren Gemeindevorstand,

Widerspruchsgegnerin,

ergeht folgende Entscheidung:

1. Die Kosten des durch die Rücknahme des Widerspruchs / durch ...

erledigten Widerspruchsverfahrens hat der/die Widerspruchsführer/in zu tragen.

2. Die der Gemeinde zu erstattenden Kosten werden festge setzt auf..............DM. (ggf. Hinweis auf beigefügte Berechnung, wenn diese nicht hier ausgeführt wird)

3. Der unter Nr. 2 genannte Betrag ist bis zum ...../ binnen einer Frist von einem Monat nach Zugang dieses Bescheides auf das Konto der Gemeinde bei ..... Kto.-Nr. ...... BLZ ....... zu überweisen.

Begründung: ...

Auch diese Kostentragungsregelung muß begründet werden (§ 14 Abs 2 Satz 2 Verwaltungskostengesetz).

Da diese selbständige Kostengrundentscheidung nicht Gegenstand eines Widerspruchsbescheides ist, der nur im Wege der Klage angefochten werden könnte, sondern ein eigenständiger Verwaltungsakt, ist hiergegen der Widerspruch der richtige Rechtsbehelf.

Die Kostenfestsetzung:

Während die Kostengrundentscheidung Auskunft darüber gibt, wer die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu tragen hat, wird in der Kostenfestsetzung geregelt, welche Kosten die kostentragungspflichtige Person zu entrichten hat. Das heißt, hier wird der Kostenbetrag festgesetzt, der zu entrichten ist, und dieser Kostenfestsetzungsbescheid enthält die Zahlungsaufforderung an den Kostenschuldner, den festgesetzten Betrag innerhalb der zu nennenden Zahlungsfrist (§ 13 Verwaltungskostengesetz) an den Kostengläubiger zu zahlen.

Auch die Kostenfestsetzung kann grundsätzlich bereits im Widerspruchsbescheid vorgenommen werden. Fraglich ist dann allerdings, ob diese Kostenfestsetzung selbständig und isoliert im Wege der Klage angefochten werden kann, oder ob hiergegen der Widerspruch der richtige Rechtsbehelf ist. Als zusätzliche Beschwer durch den Widerspruchsbescheid wird überwiegend die Kostengrundentscheidung wie auch die Kostenfestsetzung angesehen mit der Folge, daß ohne Durchführung eines Vorverfahrens der Rechtsweg zum Verwaltungsgericht offen steht (so Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, 9. Aufl. 1992, Rn.21 zu § 68 m.w.N.)

Auch wenn § 14 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungskostengesetz regelt, daß die Entscheidung über die Kosten, soweit möglich, zusammen mit der Sachentscheidung ergehen soll, erscheint es mir jedoch sinnvoll, nur die Kostengrundentscheidung, nicht aber die Kostenfestsetzung im Widerspruchsbescheid vorzunehmen. Diese sollte dann in einem besonderen Bescheid (Verwaltungsakt) dem Widerspruchsbescheid folgen. Damit werden praktische Probleme vermieden, die zwangsläufig auftreten, wenn eine im Widerspruchsbescheid vorgenommene Kostenfestsetzung vom Bescheidempfänger angegriffen wird. Immerhin ist die Kostenfestsetzung eine neue behördliche Entscheidung, die den Betroffenen erstmals belastet. Eine Überprüfung dieser Entscheidung ist besser im Widerspruchsverfahren möglich als in einem Anfechtungsverfahren. Die Kostenfestsetzung kann dann auch zeitlich aufgeschoben werden bis zum Ablauf der Klagefrist. Wenn der Widerspruchsbescheid rechtskräftig geworden ist und dann die Kostenfestsetzung erfolgt, kann diese auf eine rechtskräftige Kostengrundentscheidung gestützt werden mit der Folge, daß nur noch die eigentliche Festsetzung der Kosten streitbefangen werden kann.

Anders sieht dies aus, wenn nach Erledigung des Widerspruchsverfahrens durch Widerspruchsrücknahme oder andere Ereignisse die Kostengrundentscheidung in einem selbständigen Verwaltungsakt getroffen wird: Hier sollte dann auch gleich die Kostenfestsetzung in diesem Verwaltungsakt vorgenommen werden.

Rechtsgrundlage für die Kostengrundentscheidung ist § 10a AGVwGO. Für die Kostenfestsetzung hingegen muß zusätzlich noch zurückgegriffen werden auf das Verwaltungskostengesetz und möglicherweise — je nach Fallgestaltung — auf Verwaltungskostenordnungen des Landes oder der diesen gleichgestellten Regelungen einer kommunalen Verwaltungskostensatzung (vgl. § 10a Abs. 1 Satz 2 AGVwGO).

Die Festsetzung der Widerspruchsgebühr:

Für die Ermittlung der Widerspruchsgebühr ist auf § 4 Abs. 3 Verwaltungskostengesetz zurückzugreifen. Hiernach kommt es darauf an, ob das Widerspruchsverfahren durchgeführt worden ist in Bezug auf eine Amtshandlung, die als solche selbst verwaltungskostenpflichtig ist. Hier beträgt die Widerspruchsgebühr 75 % des Betrages, der als Verwaltungsgebühr für diese Amtshandlung zu entrichten ist, höchstens jedoch 50.000,-- DM (§ 4 Abs. 3 Satz 1 Verwaltungskostengesetz. (Wird z.B. eine Baugenehmigung, für die eine Genehmigungsgebühr in Höhe von 1.000,-- DM zu erheben war, durch Widerspruch angegriffen, der dann zurückgenommen wird, beträgt die Widerspruchsgebühr 750,-- DM.)

In der gemeindlichen Praxis sind diese Bescheide in der Minderheit, denn die gebührenpflichtigen Amtshandlungen spielen sich zumeist im Bereich der Auftragsverwaltung ab, bei der die Gemeinde i.d.R. nicht die Widerspruchsbehörde ist und deshalb auch nicht über die Widerspruchsgebühr zu entscheiden hat.

Viel bedeutender im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung sind die teilweise massenhaft zu erlassenden Abgabenbescheide über die Erhebung von Gebühren, Beiträgen und Erstattungsansprüchen nach den §§ 10 bis 12 KAG. Dies sind Amtshandlungen, mit denen Geldleistungen gefordert werden, wobei der Gesetzgeber hier die Berechnung der Widerspruchsgebühr vorgibt durch einen Prozentsatz des erfolglos angefochtenen Betrages: Zu leisten sind 5 % dieses Betrages als Widerspruchsgebühr (§ 4 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungskostengesetz).

War die angegriffene Amtshandlung gebührenfrei, für diese keine Gebühr vorgeschrieben oder ist der Widerspruch von einem Dritten erhoben worden, und handelte es sich nicht um die Ablehnung oder Forderung einer Geldleistung, dann ist eine Widerspruchsgebühr bis zu 5.000,-- DM zu erheben (§ 4 Abs. 3 Satz 3 Verwaltungskostengesetz).

In allen vorgenannten Fällen beträgt die Mindestgebühr 50,-- DM (§ 4 Abs. 3 Satz 4 Verwaltungskostengesetz).

Ist ein Widerspruchsverfahren gegen eine Kostenentscheidung eingeleitet worden, dann beträgt die Widerspruchsgebühr bis zu 20 % des erfolglos angegriffenen Kostenbetrages, mindestens jedoch 25,-- DM (§ 4 Abs. 3 Satz 6 Verwaltungskostengesetz).

Mit Ausnahme der Mindestsätze können diese o.g. Gebührensätze um 25 % ermäßigt oder erhöht werden, wenn der Verwaltungsaufwand für die Bearbeitung der Widerspruchsverfahren erheblich geringer oder aber höher ist, als er in diesen vorgegebenen Gebührenhöhen ausgewiesen ist (§ 4 Abs. 6 Verwaltungskostengesetz). Damit trägt der Gesetzgeber der Tatsache Rechnung, daß nicht alle Widerspruchsverfahren bei gleichem Gebührenberechnungswert (Streitwert) auch den gleichen Verwaltungsaufwand für ihre Durchführung beanspruchen. Soziale Aspekte sind mit dieser Regelung aber nicht angesprochen! Diese finden vielmehr in der oben schon genannten Regelung des § 4 Abs. 7 Nr. 2 Verwaltungskostengesetz ihre Beachtung, wonach widerspruchsführende Personen, die in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren Anspruch auf Prozeßkostenhilfe haben bzw. hätten, Kostenbefreiung beanspruchen können. Sie müssen allerdings diesen Anspruch innerhalb der Widerspruchsfrist geltend und glaubhaft machen. Nach Ablauf der Widerspruchsfrist kann also eine Kostenbefreiung nicht mehr begehrt werden.

Sonderregelungen bei Widerspruchsrücknahmen:

Die Rücknahme von Widersprüchen löst in der Regel die volle Kostenpflicht aus, wenn im Zeitpunkt der Rücknahme die Behörde alle zur Widerspruchsbearbeitung notwendigen Handlungen erbracht hat, also auch das Anhörungsverfahren durchgeführt worden ist — so nicht hierauf verzichtet wurde — und der Erlaß des Widerspruchsbescheides unmittelbar bevorsteht. Ist allerdings die Amtshandlung (die Bearbeitung des Widerspruchsverfahrens) im Zeitpunkt der Widerspruchsrücknahme noch nicht vollständig erbracht worden, reduziert sich die festzusetzende Widerspruchsgebühr auf 50 % des sonst festzusetzenden Betrages. Auf die Einzelregelungen über die Höchst- und Mindestgebühren in § 4 Abs. 5 Verwaltungskostengesetz will ich an dieser Stelle nur verweisen. Mit diesen Sonderregelungen für Fälle der Widerspruchsrücknahme wird nicht nur gebührenrechtlichen Grundsätzen (z.B. dem Äquivalenzprinzip) Rechnung getragen, sondern auch der widerspruchsführenden Person ein Anreiz gegeben, einen vorsorglich eingelegten Widersprüche nach Prüfung der Sach- und Rechtslage wieder zurückzunehmen.

Auch die Gemeinden als widerspruchsführende Personen können in den Genuß dieser Sonderregelungen für die Widerspruchsrücknahme kommen. Es empfiehlt sich deshalb, einen Widerspruch, der zunächst rein vorsorglich zur Fristwahrung erhoben wird, mit dem Antrag zu versehen,

"bis zur Vorlage der Widerspruchsbegründung von einer Bearbeitung der Angelegenheit abzusehen, damit bei einer Widerspruchsrücknahme noch die Gebührenfreiheit aus § 4 Abs. 5 Satz 6 Verwaltungskostengesetz besteht".

Die Festsetzung der Auslagen:

Neben der eigentlichen Widerspruchsgebühr hat der Kostenpflichtige auch die der Widerspruchsbehörde entstandenen Auslagen zu ersetzen. Was alles dazu zu rechnen ist, ergibt sich aus § 9 Abs.1 Nr. 1 bis 6 Verwaltungskostengesetz. Weil fast immer wieder vorkommend seien hier insbesondere die Kosten für die Postzustellungsurkunde erwähnt — nicht aber das einfache Briefporto! — und eventuelle Reisekosten für die Teilnahme eines Vertreters der Gemeinde an der Sitzung des Anhörungsausschusses. Diese Reisekosten sind nach den Vorgaben des Hessischen Reisekostengesetzes zu ermitteln und gegebenenfalls auf die einzelnen Verfahren eines Sitzungstages aufzuteilen.

Soweit eine widerspruchsführende Person die Übersendung von Aktenkopien oder Satzungen ausdrücklich gewünscht hat, können die hierfür anzusetzenden Aufwendungen ebenfalls als Auslagen des Widerspruchsverfahrens in die Kostenfestsetzung aufgenommen werden. Da aber insoweit eine Kostentragungspflicht nur entsteht, wenn der Widerspruch erfolglos geblieben oder zurückgenommen worden ist, gäbe es keinen Kostenersatz im Zusammenhang mit einer Widerspruchsgebühr, wenn der Widerspruch erfolgreich ist. In diesem Falle bliebe nur die Möglichkeit, die entstandenen Aufwendungen auf der Grundlage einer kommunalen Verwaltungskostensatzung abzurechnen, also nicht als Kosten des Widerspruchsverfahrens. Allerdings gilt es dabei zu beachten, daß mit Ausnahme von Verwaltungsverfahren, in denen die Abgabenordnung und nicht das Verwaltungsverfahrensgesetz Anwendung findet, diese Kosten wiederum auf der Grundlage des § 80 Verwaltungsverfahrensgesetz der widerspruchsführenden Person zurückzuerstatten sein können, nämlich als "zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen". Aus diesem Grunde empfiehlt es sich, derartige Kostentragungsansprüche erst dann geltend zu machen, wenn das Widerspruchsverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist und keine Zweifel mehr über die endgültige Kostentragungspflicht der widerspruchsführenden Person bestehen. Zu beachten ist dabei aber immer die Frage der Verjährung!

Die Verjährung der Kostenansprüche:

In § 19 regelt das neue Verwaltungskostengesetz die Verjährung von Kosten dahingehend, daß die Verjährung nach drei Jahren seit der Fälligkeit eintritt und damit der Anspruch erlischt. D.h., der Ablauf dieser dreijährigen Verjährungsfrist führt zum Erlöschen des Kostenanspruches kraft Gesetzes, nicht zu einer Einredemöglichkeit des Kostenschuldners (so HessVGH, Urteil vom 26.11.1992 - 5 UE 916/87 -).

Diese Verjährungsfrist des § 19 Abs. 1 Verwaltungskostengesetz stellt nach der Gesetzesformulierung lediglich eine Zahlungsverjährungsfrist dar, nicht eine Festsetzungsfrist. Denn diese Verjährungsfrist beginnt mit dem Zeitpunkt der Fälligkeit zu laufen, setzt also erst einmal die Gebührenfestsetzung voraus (§ 13 Verwaltungskostengesetz). Man könnte also dieser Regelung entnehmen, daß für die Festsetzung der Widerspruchsgebühren gar keine Frist gesetzt worden ist, so wie dies in der Formulierung des bisherigen Verwaltungskostengesetzes in § 17 Abs.1 Satz 3 noch gegeben war. Hier war geregelt: "Mit Ablauf dieser Frist, spätestens mit Ablauf des vierten Jahres nach der Entstehung erlischt der Anspruch". Mit der Bezugnahme auf den Zeitpunkt der Entstehung war hier eine Festsetzungsfrist begründet, und zwar, wie der Hessische VGH in seinem Urteil vom 26.11.1992 ausführt, in einer "Spezialregelung gegenüber dem Kommunalabgabengesetz - KAG -, von dem die §§ 3 bis 6 Anwendung finden, soweit das Spezialgesetz keine Bestimmung trifft".

Da aber auch die Widerspruchsgebühren kommunale Abgaben sind, gelten hierfür die allgemeinen Regelungen des KAG, soweit nicht das Verwaltungskostengesetz als Spezialgesetz Bestimmungen trifft. D.h., die in § 4 Abs. 1 Nr. 4 b KAG unter Verweis auf § 169 AO geregelte Festsetzungsfrist von vier Jahren für kommunale Abgaben gilt auch für die Festsetzung von Verwaltungskosten, hier der Widerspruchsgebühren.

Ebenso gilt, daß die Kostenentscheidung, mit der die Gebühren und Auslagen des Widerspruchsverfahrens gegen die unterlegene widerspruchsführende Person festgesetzt werden, nach § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sofort vollziehbar ist, selbst wenn die Klage gegen die zugrunde liegende Sachentscheidung gem. § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung hat (OVG Rheinland-Pfalz, Entscheidung vom 10.04.1991 - 6 B 10419/91, NVwZ-RR 1992, 221 und OVG Saarland, Entscheidung vom 06.01.1989 -1 W 546/88 -).

Die Entstehung der Kostenschuld:

Der Zeitpunkt der Entstehung der Kostenschuld ist maßgeblich für den Beginn der o.g. Festsetzungsfrist von vier Jahren. Hier muß unterschieden werden zwischen der Kostenschuld einerseits und dem Auslagenerstattungsanspruch andererseits, denn diese Unterscheidung ist in § 12 Verwaltungskostengesetz ausdrücklich vorgesehen: Die Kostenschuld — diese erfaßt Gebühren und Auslagen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungskostengesetz) — entsteht gem. § 12 Abs. 1 Verwaltungskostengesetz mit Eingang des Antrags bei der Behörde,, falls ein solcher notwendig ist, im übrigen mit der Beendigung der gebührenpflichtigen Amtshandlung. Für die Widerspruchsgebühr bedeutet dies, daß diese entsteht mit dem Abschluß des Widerspruchsverfahrens oder mit der Widerspruchsrücknahme. Ist dieser Zeitpunkt erreicht, beginnt die Festsetzungsfrist von vier Jahren zu laufen.

Ist die Amtshandlung — hier also das Widerspruchsverfahren — gebührenfrei (weil z.B. die Behörde bei Widerspruchsrücknahme noch nicht mit der sachlichen Bearbeitung begonnen hatte, § 4 Abs. 5 Satz 6 Verwaltungskostengesetz), dann sind dennoch die Auslagen zu erheben. Dieser (isolierte) Auslagenerstattungsanspruch entsteht mit der Aufwendung des zu erstattenden Betrages (§ 12 Abs. 2 Verwaltungskostengesetz), also nicht erst nach Abschluß des Widerspruchsverfahrens.

Kommunale Satzungsregelungen:

Die Erhebung der Widerspruchsgebühr durch eine Gemeinde setzt keine kommunale Verwaltungskostensatzung voraus. Es ist deshalb nicht notwendig, bereits vorhandene Satzungen (nach bisheriger Sprachregelung des § 9 KAG: Verwaltungsgebührensatzungen) zu ändern oder zu ergänzen. Denn die Rechtsgrundlage des § 10a Abs. 1 AGVwGO für die Kostenerhebung verweist zur Berechnung der Kosten auf das Verwaltungskostengesetz, in dem wiederum alle Regelungen enthalten sind, die die Kostenfestsetzung im Einzelfall ermöglichen. Auch ist die Erhebung der Widerspruchsgebühr kein Akt der kommunalen Selbstverwaltung, für den eine kommunale Rechtsgrundlage geschaffen werden müßte. Auch ist die Widerspruchsgebühr i.d.R. zu erheben, was sich aus § 93 Abs. 1 HGO ergibt.

Allerdings hat der Gesetzgeber den Kommunen einige Regelungsmöglichkeiten an die Hand gegeben durch die Gleichstellung kommunaler Verwaltungskostensatzungen mit Verwaltungskostenordnungen in § 10a Abs. 1 Satz 2 AGVwGO.

Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungskostengesetz gelten die in einer Verwaltungskostenordnung vorgesehenen Gebührentatbestände nach Maßgabe des § 4 Verwaltungskostengesetz u.a. auch im Falle der Zurückweisung oder der Zurücknahme eines Widerspruchs, soweit dies in der Verwaltungskostenordnung, also in Kommunen in der Verwaltungskostensatzung nicht besonders ausgeschlossen ist. Hieraus ergibt sich, daß durchaus für einzelne Fälle in einer kommunalen Satzung Ausnahmen von der Gebührenpflicht bestimmt werden können. Dieser Rückgriff auf § 2 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungskostengesetz ist gemäß § 9 Abs. 3 KAG zugelassen.

Ebenso besteht die Möglichkeit, über § 9 Abs. 3 KAG i.V.m. § 4 Abs. 1 Verwaltungskostengesetz in einer kommunalen Verwaltungskostensatzung die Bemessung der Widerspruchsgebühr abweichend von § 4 Abs. 2 bis 5 Verwaltungskostengesetz vorzunehmen.

Hinsichtlich der Auslagen gilt allerdings der Grundsatz, daß diese immer zu erheben sind, auch dann, wenn die Erhebung der Gebühr entfällt (§ 10a AGVwGO i.V.m. § 9 Verwaltungskostengesetz, hier insbesondere Abs. 5). Sie können jedoch in einer Verwaltungskostensatzung als mit der Widerspruchsgebühr abgegolten erklärt werden (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Verwaltungskostengesetz). Auch können in einer Verwaltungskostensatzung pauschalierte Auslagen bestimmt werden (§ 9 Abs. 2 Satz 2 Verwaltungskostengesetz).

Von diesen Möglichkeiten, die vom Landesrecht vorgegebenen Bemessungsregeln für die Widerspruchsgebühren und die Abgeltung von Auslagen durch kommunale Satzungsregelungen abzuändern, sollte sehr sparsam, wenn überhaupt Gebrauch gemacht werden. Denn es kann nicht im Interesse der Gemeinden liegen, von den nunmehr gegebenen Möglichkeiten der Erhebung der Widerspruchsgebühren keinen Gebrauch zu machen oder niedrigere Gebühren als zulässig zu erheben. Für die Erhöhung der im Landesrecht vorgegebenen Widerspruchsgebühren sind nachvollziehbare Gründe kaum zu erkennen. Auch eine Pauschalierung der Auslagen, die im Einzelfall nach dem tatsächlichen Aufwand doch recht einfach zu ermitteln sind, erscheint kaum angebracht. Das Abstellen auf die Regelungen des Landesrechts mindert die Gefahr, sich neue Widerspruchsverfahren gegen die Festsetzung der Widerspruchsgebühren einzuhandeln mit ungewissem Ausgang diesbezüglicher Rechtsstreitigkeiten.


Zwischenzeitlich ist allerdings das HVwKostG geändert worden.

Siehe hierzu folgende Meldung vom Januar 2002:

 

Änderung des Hessischen Verwaltungskostengesetzes

hier: Widerspruchsgebühren

Mit Art. 13 des Gesetzes zur Umstellung von Rechtsvorschriften auf Euro (Euro-UmstellungsG) vom 31.10.2001 (GVBl. I S. 434 f.) ist u. a. § 4 des Hessischen Verwaltungskostengesetzes geändert worden. Diese Änderung ist am 01.01.2002 in Kraft getreten.

§ 4 HVwKostG regelt insbesondere die Gebührenbemessung in den Fällen der Ablehnung eines Antrags oder der Zurückweisung eines Widerspruchs, der Rücknahme und des Widerrufs einer Amtshandlung oder der Zurücknahme eines Antrags oder eines Widerspruchs. Für diese Fälle sah die bisherige Regelung i.d.R. die Gebührenbemessung nach festen, vorgegebenen Sätzen vor, die bei dem größten Teil der bei Kommunen anhängigen Verfahren streitwertabhängig waren. Denn wenn z.B. mit der angefochtenen Amtshandlung eine Geldleistung abgelehnt oder gefordert wurde, betrug die Gebühr bisher 5 % des erfolglos angefochtenen Betrages.

Der Gesetzgeber hat nunmehr diese Regelung erheblich verändert und als Bemessungsgrundlage für die Gebühr den "Verwaltungsaufwand im Sinne des § 3 Abs. 2" bestimmt, der sich zusammensetzt aus dem Personal- und dem Sachaufwand sowie kalkulatorischen Abschreibungen und Zinsen.

Dies bedeutet, dass in Zukunft die Widerspruchsgebühr in jedem Einzelfall nach dem erbrachten Verwaltungsaufwand für die Bearbeitung des Widerspruchs zu bemessen ist.

Diese Abweichung von den bisherigen festen Sätzen nunmehr zu dem kostendeckenden Verwaltungsaufwand führt zu der Notwendigkeit, den erbrachten Verwaltungsaufwand für die Bearbeitung der Widerspruchsfälle zu erfassen, um kostendeckende Gebühren erheben zu können. Dies führt einerseits zu zusätzlichem Verwaltungsaufwand, andererseits aber auch zu kostendeckenden Gebühren.

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat in seinem Urteil vom 10.09.2001 (das in einer der nächsten Ausgaben der HSGZ veröffentlicht wird) zu einigen sich in diesem Zusammenhang stellenden Fragen Stellung genommen. U. a. hat er Folgendes ausgeführt:

"Das Landesgebührengesetz enthält Vorgaben, nach denen die Höhe der Verwaltungsgebühren zu bemessen ist. Hierzu gehört der Verwaltungsaufwand, womit der Grundsatz der Kostendeckung angesprochen ist. Dieser Kostendeckungsgrundsatz bei der Bemessung der Widerspruchsgebühr innerhalb eines Gebührenrahmens erfordert die Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes, der erforderlich ist, um zu einer abschließenden Widerspruchsentscheidung zu gelangen. Er beschränkt sich damit nicht auf den Aufwand für das Widerspruchsverfahren selbst. Die Gebühr wird ... als Verfahrensgebühr für förmliche Rechtsbehelfe im Verwaltungsverfahren, insbesondere Widerspruchsverfahren erhoben. Das förmliche Widerspruchsverfahren wird durch die Einlegung des Widerspruchs eingeleitet und endet mit Ergehen des Widerspruchsbescheides, wofür im Falle des negativen Ausgangs für den Widersprechenden die hier streitige Gebühr erhoben wird. Das Widerspruchsverfahren umfasst damit auch das vorgelagerte Nichtabhilfeverfahren bei der Ausgangsbehörde (§§ 72, 73 Abs. 1 S. 1 VwGO). Mit der Gebühr für den Widerspruchsbescheid wird, da keine gesonderte Gebühr für den Nichtabhilfebescheid der Ausgangsbehörde anfällt, auch deren Verwaltungsaufwand umfasst. Die Widerspruchsgebühr ist damit nicht nur Entgelt für den Aufwand der Widerspruchsbehörde selbst, sondern auch für die zeitlich vorhergehende und verfahrensnotwendige Tätigkeit der Ausgangsbehörde. Es spricht grundsätzlich nichts dagegen, auch diesen Aufwand bei der Gebührenfestsetzung zu berücksichtigen.

Soweit in § 8 des Gesetzes der Verwaltungsaufwand und damit der Kostendeckungsgrundsatz als Begrenzung der Gebührenhöhe nach oben hin angesprochen ist, bezieht er sich nach Wortlaut, Sinn und Zweck dieser Vorschrift zwar auf den Einzelfall. Dies hat jedoch nicht zu Folge, dass bei der Gebührenfestsetzung die Widerspruchsbehörde im Einzelnen zu ermitteln hätte, welcher Aufwand gerade für den zur Entscheidung stehenden Fall aufgewendet werden musste. Insoweit darf bei der Gebührenentscheidung pauschalierend und typisierend auf den durchschnittlichen Aufwand entsprechender Widerspruchsverfahren abgestellt werden."

 

Seinem Urteil hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg folgende Leitsätze vorangestellt:

" 1. Eine Widerspruchsgebühr ist nicht deshalb rechtswidrig, weil sie die Höhe des angegriffenen Kostenbescheids der Ausgangsbehörde übersteigt.

2. Die Regelungen des Gerichtskostengesetzes stellen keine geeigneten Maßstäbe für die Bemessung der nach dem Landesgebührengesetz zu erhebenden Widerspruchsgebühren zur Verfügung, insbesondere muss die Widerspruchsgebühr nicht unter den Gebühren liegen, die in einem gerichtlichen Verfahren mit dem selben Streitgegenstand bei Unterliegen vom Kläger erhoben werden könnten (Abgrenzung zu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 11.06.1986 – 7 S 944/86 –)."

Mit diesen zitierten Ausführungen hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die wesentlichen Fragen beantwortet, die sich aus der Neufassung des § 4 HVwKostG ergeben. Soweit man die Auffassung vertreten wollte, dass eine an dem tatsächlichen Verwaltungskostenaufwand orientierte Widerspruchsgebühr bei relativ geringem Streitwert prohibitiv wirken könnte, hat das Gericht in der genannten Entscheidung ausgeführt:

"Zwar darf eine Verwaltungsgebühr nicht prohibitiv wirken (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.03.1961 – VII C 109.60 – BVerwGE 12,162), doch ist gerade für eine Widerspruchsgebühr der Gesichtspunkt nicht unbeachtlich, dass durch ihre Erhebung – auch durch ihre Höhe – einer leichtfertigenden oder gar missbräuchlichen Einlegung von Rechtsbehelfen entgegengewirkt werden kann (so BVerwG, Beschl. v. 06.02.1979 – 2 BvL 5.76 – BVerwGE 50,217). Unverhältnismäßig und damit gegen das Äquivalenzprinzip verstoßend ist deshalb nur die Gebühr, wenn ein Missverhältnis zu der von der Verwaltung erbrachten Leistung besteht (BVerwG, Urt. v. 15.07.1988 – 7 C 5.87 – BVerwGE 80,36) und sie sich unter keinem sachlichen Gesichtspunkt mit dem Kostendeckungsgrundsatz in Einklang bringen lässt (BVerwG, Beschl. v. 04.02.1979 a. a. O.)."

Der Gesetzgeber hat die Neufassung des § 4 HVwKostG wie folgt begründet:

"Die notwendige Umstellung auf den Euro wird zum Anlass genommen, die Vorschrift grundlegend zu vereinfachen:

Im Interesse der Einzelfallgerechtigkeit orientiert sich (wie in den meisten Ländern) die Gebühr statt an festen vom-Hundert-Sätzen (bezogen auf die in den Verwaltungskostenordnungen normierten Gebühren) künftig am tatsächlichen Verwaltungsaufwand. Durch die Beibehaltung der bisherigen vom-Hundert-Sätze als Obergrenze ist eine Mehrbelastung der Kostenschuldner ausgeschlossen. Auf die Normierung von Mindestbeiträgen kann im Interesse einer besseren Verständlichkeit der Norm verzichtet werden, zumal die bisherigen Mindestbeiträge sehr selten unterschritten würden.

Die sonstigen Änderungen gegenüber dem geltenden Recht im Einzelnen:

In § 4 Abs. 1 S. 2 wird angeordnet, dass bei Amtshandlungen "in besonderen Fällen" nur der Verwaltungsaufwand abzugelten ist. Die zusätzliche Berücksichtigung der Bedeutung der Amtshandlung für den Kostenschuldner (wie dies § 3 Abs. 1 Nr. 2 für den "Normalfall" vorschreibt) würde meist zu einer Gebühr führen, die den Verwaltungsaufwand übersteigt. Dies erscheint unbillig, weil die Auswirkungen der Amtshandlungen nach § 4 für den Schuldner meist belastend sind. Der bei der erstmaligen Einführung der Kostenpflicht für erfolglose Widersprüche mit Wirkung vom 1. Februar 1995 eingeführte absolute Höchstbetrag von 50.000,00 DM soll entfallen, um auch Fälle mit sehr hohem Verwaltungsaufwand kostendeckend abgelten zu können. Eine – gleitende – Begrenzung ergibt sich auch weiterhin aus der Verknüpfung mit der Ausgangsgebühr. Während fast alle Länder bis zu 100 v. H., Bayern sogar bis zu 200 v. H. der Ausgangsgebühr berechnen, verbleibt es für Hessen bei einem Satz von (nur) 75 v. H.

Da künftig der Verwaltungsaufwand im Einzelfall maßgeblich ist, können die meist missverstandenen Sonderregelungen in Abs. 3 S. 2 (Widerspruch gegen die Anforderung einer Geldleistung) und S. 6 (Widerspruch gegen eine Kostenentscheidung) entfallen; für diese gilt dann die allgemeine Regelung. Ein erfolgloser Widerspruch eines am Verwaltungsverfahren nicht Beteiligten soll auch dann gebührenpflichtig sein, wenn der Widerspruch wegen Unbegründetheit zurückgewiesen wird, weil dann der Verwaltungsaufwand regelmäßig eher höher ist als bei einer Zurückweisung wegen Unzulässigkeit. Um unkalkulierbare Belastung des Drittwiderspruchsführers zu vermeiden, verbleibt es bei der bisherigen absoluten Höchstgebühr.

Aufgrund des Abstellens auf den tatsächlichen Verwaltungsaufwand ist die Sonderregelung für Fälle mit besonders niedrigem oder besonders hohem Verwaltungsaufwand (bisheriger Abs. 6) entbehrlich.

Auch der bisherige Abs. 7 kann entfallen: Erfolglose Widersprüche sollen künftig (entgegen der bisherigen Nr. 1) auch dann gebührenpflichtig sein, wenn der Rechtsweg zu anderen als den Verwaltungsgerichten gegeben ist, da auch in diesen Fällen ein erheblicher Verwaltungsaufwand abzugelten ist. Die Regelung in der bisherigen Nr. 2, wonach Widerspruchsführer keine Gebühren zu zahlen haben, wenn ihnen Prozesskostenhilfe zusteht, hat zu erheblichen Umsetzungsproblemen geführt. Nachdem sich auch aus § 17 Abs. 1 (Absehen von der Gebühr wegen der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kostenschuldners) ein sozial verträgliches Ergebnis gewinnen lässt, kann auf diese Spezialvorschrift, die sich im Übrigen nur auf Widersprüche, nicht aber auf andere gebührenpflichtige Amtshandlungen bezieht, verzichtet werden."

Auch nach Wegfall der Nr. 1 im bisherigen § 4 Abs. 7 bleiben Widerspruchsverfahren in Baulandsachen gebührenfrei, weil die Rechtsgrundlage für die Erhebung von Widerspruchsgebühren in § 14 HessAGVwGO zu finden ist, die für das in der VwGO geregelte Widerspruchsverfahren Vorschriften enthält. Für die Baulandsachen gilt die VwGO jedoch nicht - nur einzelne Vorschriften, auf die die Hessische Verordnung zur Durchführung des Baugesetzbuches vom 21. Februar 1990 (GVBl. I S. 49), geändert am 17. Dezember 1998 (GVBl. I S. 562, 576) in § 18 verweist - . § 14 HessAGVwGO gilt ausschließlich für die in der VwGO geregelten Widerspruchsverfahren.

Nach wie vor sind gemäß § 14 Abs. 3 HessAGVwGO keine Widerspruchsgebühren zu erheben in Verfahren, die die Erhebung von Steuern durch Gemeinden und Landkreise zum Gegenstand haben..

Die neuen Verwaltungsvorschriften zum Hessischen Verwaltungskostengesetz sind im Staatsanzeiger vom 12.01.2007 auf S. 222 ff. veröffentlicht. Bezüglich der anzusetzenden Personalkosten ist hier insbesondere die VV zu § 3 HVwKostG, Nr. 14 zu beachten, wonach für

Beschäftigte des mittleren Dienstes 0,81 EUR,
Beschäftigte des gehobenen Dienstes 1,00 EUR, und für
Beschäftigte des höheren Dienstes 1,21 EUR

pro Arbeitsminute anzusetzen sind.

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