Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg

Urteil vom 10. September 2001

Az: 1 S 1596/00

Leitsatz

1. Eine Widerspruchsgebühr ist nicht deshalb rechtswidrig, weil sie die Höhe des angegriffenen Kostenbescheids der Ausgangsbehörde übersteigt.

2. Die Regelungen des Gerichtskostengesetzes stellen keine geeigneten Maßstäbe für die Bemessung der nach dem Landesgebührengesetz zu erhebenden Widerspruchsgebühren zur Verfügung, insbesondere muss die Widerspruchsgebühr nicht unter den Gebühren liegen, die in einem gerichtlichen Verfahren mit demselben Streitgegenstand bei Unterliegen vom Kläger erhoben werden könnten (Abgrenzung zu VGH Bad-Württ, Urt v 11.6.1986 - 7 S 944/86 -).

HSGZ 2002, 85-87 

Tatbestand

Der Kläger ist Halter eines Personenkraftwagens, der auf Anordnung der Beklagten durch eine Privatfirma abgeschleppt werden sollte, weil er im Halteverbot stand. Der Abschleppvorgang wurde nicht durchgeführt, da der Kläger zuvor das Fahrzeug weggefahren hatte. Für die Leerfahrt des Abschleppunternehmers, zuzüglich Verwaltungs-, Postzustellungs- und Aufwandsgebühr forderte die Beklagte mit Bescheid vom 20.5.1998 die Zahlung von insgesamt 194,15 DM.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Bescheid vom 8.12.1998 zurück und setzte hierfür eine Entscheidungsgebühr von 210,-- DM fest.

Am 11.1.1999 hat der Kläger Klage erhoben und beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 20.5.1998 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 8.12.1998 einschließlich der Gebührenfestsetzung aufzuheben. Er hat geltend gemacht, die Abschleppanordnung hätte nicht ergehen dürfen, da sein Fahrzeug niemanden behindert habe und die für den Widerspruchsbescheid festgesetzte Gebühr sei unverhältnismäßig hoch.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Mit Urteil vom 27.4.2000 hat das Verwaltungsgericht die Klage gegen den Kostenbescheid der Beklagten vom 20.5.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 8.12.1998 abgewiesen. Stattgegeben hat das Verwaltungsgericht der Klage hinsichtlich der im Widerspruchsbescheid festgesetzten Entscheidungsgebühr, soweit sie den Mindestbetrag der Rahmengebühr, nämlich 20,-- DM, überschreitet. Zur Begründung des stattgebenden Teiles seiner Entscheidung führt das Verwaltungsgericht u.a. aus: Die vom Regierungspräsidium festgesetzte Entscheidungsgebühr in Höhe von 210,-- DM verstoße gegen das Äquivalenzprinzip als gebührenrechtliche Ausprägung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit, wonach die Gebühr nicht in einem Missverhältnis zu dem Wert stehen dürfe, den die von der öffentlichen Gewalt im Einzelfall gebotene Leistung für den Gebührenpflichtigen habe. Das Interesse des Klägers bestehe in der Überprüfung einer Gebührenforderung in Höhe von 184,15 DM (richtig 194,15 DM). Es springe ins Auge, dass die hierfür festgesetzte Widerspruchsgebühr unverhältnismäßig sei. Das Kostendeckungsprinzip gebiete diese Gebührenhöhe nicht, da die Widerspruchsentscheidung routinemäßig nach Aktenlage und unter Verwendung vorgefertigter Textbausteine ergehe. Es komme hinzu, dass der Betrag über dem der Gerichtsgebühren nach dem Gerichtskostengesetz für eine streitige verwaltungsgerichtliche Entscheidung mit gleichem Streitwert liege. Eine Widerspruchsgebühr dürfe jedoch nicht über den Gebühren liegen, die in einem gerichtlichen Verfahren mit demselben Gegenstand bei Unterliegen vom Kläger erhoben werden könne.

Zur Begründung ihrer vom Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Berufung macht die Beklagte geltend: Die festgesetzte Gebühr verstoße nicht gegen das Äquivalenzprinzip, da sie am Kostenaufwand für die Bearbeitung des Widerspruchsverfahrens orientiert sei. Nach der geltenden VwV-Kostenfestlegung vom 10.12.1998 betrage der Pauschsatz je Arbeitsstunde für einen Beamten des gehobenen Dienstes 85,-- DM, dem ein Raumkosten- und sonstiger Sachkostenanteil von 3,71 DM zuzuschlagen sei. Bei Widerspruchsverfahren gegen Kostenforderungen der unteren Verwaltungsbehörden in Abschleppsachen handle es sich nicht um Routinevorgänge, sondern um Einzelfälle mit immer neuen Sachverhaltskonstellationen. Es müsse von einem Arbeitsaufwand je Verfahren von wenigstens drei Stunden ausgegangen werden, so dass sich rechnerisch der Betrag von 266,13 DM ergebe. Hierbei sei nicht berücksichtigt, dass in der Mehrzahl der Fälle Rückfragen bei den unteren Verwaltungsbehörden und in Einzelfällen sogar Ortsbesichtigungen notwendig seien, um eine sachgerechte Entscheidung treffen zu können. Damit liege eine Kostenüberdeckung nicht vor und aus diesem Grunde kein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip. Ein auffälliges Missverhältnis zwischen dem angeforderten Zahlbetrag von 194,15 DM und der festgesetzten Widerspruchsgebühr von 210,-- DM bestehe nicht. Im Gebührenrecht existiere kein Grundsatz, dass die Verwaltungsgebühr im Widerspruchsverfahren den streitbefangenen Betrag nicht überschreiten dürfe. Das wirtschaftliche oder sonstige Interesse des Gebührenschuldners an der Entscheidung sei nur ein Faktor unter mehreren bei der Gebührenfestsetzung. Ebenso wenig gebe es einen Grundsatz, dass eine Widerspruchsgebühr nicht über den Gebühren liegen dürfe, die in einem gerichtlichen Verfahren mit demselben Streitgegenstand bei Unterliegen vom Kläger gefordert werden könne.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27. April 2000 dahin
zu ändern, dass die Klage in vollem Umfang abgewiesen wird.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, soweit er obsiegt hat, für zutreffend.

Dem Senat liegen die einschlägigen Verwaltungs- und Gerichtsakten vor. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten und die im Berufungszulassungs- und Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung ist auch sonst zulässig und begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist - soweit es der Klage stattgegeben hat - auf die Berufung der Beklagten, die hinsichtlich der Widerspruchsgebühr des Regierungspräsidiums als gesetzlicher Prozessstandschafter für das Land anzusehen, deshalb passiv legitimiert und berechtigt ist, Rechtsmittel einzulegen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.3.1990 - A 14 S 2616.90 -), zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen, weil die im Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 8.12.1998 festgesetzte Widerspruchsgebühr rechtmäßig ist und somit den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt.

Rechtsgrundlage der Widerspruchsgebühr ist § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 LGebG i.V.m. § 1 der Verordnung der Landesregierung über die Festsetzung der Gebührensätze für Amtshandlungen der staatlichen Behörden - GebVO - vom 28.6.1993 (GBl. S. 381, mit hier nicht bedeutsamen späteren Änderungen) und der Anlage hierzu (Gebührenverzeichnis) dort Nr. 76.1.1 (GBl. a.a.O. S. 451). Danach erheben die staatlichen Behörden für Amtshandlungen, die sie auf Veranlassung oder im Interesse Einzelner vornehmen, Verwaltungsgebühren nach dem Landesgebührengesetz (§ 1 Abs. 1 LGebG), wobei die Gebührensätze in einem Gebührenverzeichnis durch Rechtsverordnung der Landesregierung festgesetzt werden (§ 2 Abs. 1 S. 1 LGebG). Diese Rechtsverordnung bestimmt, dass die Gebührensätze für Amtshandlungen der staatlichen Behörden in einem Gebührenverzeichnis festgesetzt sind (§ 1 GebVO), das wiederum als Verfahrensgebühr bei Zurückweisung des Rechtsbehelfs in Verwaltungsverfahren, insbesondere eines Widerspruchs, eine Gebühr von 20,-- bis 5.000,-- DM festlegt (GebVerz. Nr. 76.1.1). Innerhalb dieses Gebührenrahmens ist die Gebühr zu erheben. Ihre Höhe bemisst sich nach dem Verwaltungsaufwand, nach der Bedeutung des Gegenstandes, nach dem wirtschaftlichen oder sonstigen Interesse für den Gebührenschuldner sowie nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen (§ 8 LGebG). Die hier festgesetzte Widerspruchsgebühr von 210,-- DM hält sich innerhalb des Gebührenrahmens. Sie verstößt auch nicht gegen gebührenrechtliche Grundsätze.

Die Widerspruchsgebühr ist eine Gegenleistung für eine besondere Verwaltungsleistung - die Entscheidung der zuständigen Widerspruchsbehörde über den eingelegten Rechtsbehelf -, die, dem Grundsatz der speziellen Entgeltlichkeit folgend, von demjenigen gefordert wird, der die Amtshandlung veranlasst hat; sie ist also eine Verwaltungsgebühr. Anhaltspunkte dafür, dass der vom Verordnungsgeber festgesetzte Gebührenrahmen gegen verfassungs- oder einfach rechtliche Grundsätze des Gebührenrechts verstößt, hat der Kläger nicht geltend gemacht; solche sind auch nicht ersichtlich.

Aber auch die Gebührenfestsetzung im vorliegenden Fall ist nicht zu beanstanden; das Regierungspräsidium hat bei der Festsetzung der Gebühr die ihm übertragene Entscheidungsbefugnis nicht überschritten (vgl. § 114 VwGO).

Das Landesgebührengesetz (§ 8) enthält Vorgaben, nach denen die Höhe der Verwaltungsgebühr zu bemessen ist. Hierzu gehört der Verwaltungsaufwand, womit der Grundsatz der Kostendeckung angesprochen ist. Dieser Kostendeckungsgrundsatz bei der Bemessung der Widerspruchsgebühr innerhalb eines Gebührenrahmens erfordert die Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes, der erforderlich ist, um zu einer abschließenden Widerspruchsentscheidung zu gelangen. Er beschränkt sich damit nicht auf den Aufwand für das Widerspruchsverfahren selbst. Die Gebühr wird, ausweislich des Gebührenverzeichnisses (Nr. 76) als Verfahrensgebühr für förmliche Rechtsbehelfe im Verwaltungsverfahren, insbesondere Widerspruch, erhoben (Gebührenverzeichnis Nr. 76.1). Das förmliche Widerspruchsverfahren wird durch die Einlegung des Widerspruchs eingeleitet und endet mit Ergehen des Widerspruchsbescheides, wofür im Fall des negativen Ausgangs für den Widersprechenden die hier streitige Gebühr erhoben wird (Nr. 76.1.1 Gebührenverzeichnis). Das Widerspruchsverfahren umfasst damit auch das vorgelagerte Nichtabhilfeverfahren bei der Ausgangsbehörde (§§ 72, 73 Abs. 1 S. 1 VwGO). Mit der Gebühr für den Widerspruchsbescheid wird, da keine gesonderte Gebühr für den Nichtabhilfebescheid der Ausländerbehörde anfällt, auch deren Verwaltungsaufwand umfasst. Die Widerspruchsgebühr ist damit nicht nur Entgelt für den Aufwand der Widerspruchsbehörde selbst, sondern auch für die zeitlich vorhergehende und verfahrensnotwendige Tätigkeit der Ausgangsbehörde. Es spricht grundsätzlich nichts dagegen, auch diesen Aufwand bei der Gebührenfestsetzung zu berücksichtigen.

Soweit in § 8 LGebG der Verwaltungsaufwand und damit der Kostendeckungsgrundsatz als Begrenzung der Gebührenhöhe nach oben hin angesprochen ist, bezieht er sich nach Wortlaut und Sinn und Zweck dieser Vorschrift zwar auf den Einzelfall. Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass bei der Gebührenfestsetzung die Widerspruchsbehörde im Einzelnen zu ermitteln hätte, welcher Aufwand gerade für den zur Entscheidung stehenden Fall aufgewendet werden musste. Insoweit darf bei der Gebührenentscheidung pauschalisierend und typisierend auf den durchschnittlichen Aufwand entsprechender Widerspruchsverfahren abgestellt werden. In diese Richtung gehen die Ausführungen der Beklagten, wonach im Allgemeinen in Widerspruchsverfahren gegen Abschleppkostengebührenbescheide Rückfragen, Nachforschungen und gegebenenfalls weitere Aufklärungen zum Sachverhalt erforderlich sind und mindestens von einem Zeitaufwand von etwa drei Stunden für die Tätigkeit eines Verwaltungsbeamten des gehobenen Dienstes ausgegangen werden kann. Dieser Zeitaufwand, der vom Kläger auch nicht bestritten wird, liegt nach Einschätzung des Senats, der seit Jahren mit Polizeikosten befasst ist, weder im Allgemeinen, noch im vorliegenden Fall über dem notwendigen Arbeitsaufwand, den die Ausgangs- und Widerspruchsbehörde bis zur (negativen) Entscheidung über den Widerspruch zu bewältigen hat.

Legt man einen durchschnittlichen Zeitaufwand von ca. drei Stunden zugrunde, so sind nach der Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums über die Berücksichtigung des Verwaltungsaufwands bei der Festlegung von Verwaltungs- und Benutzungsgebühren und von sonstigen Entgelten für die Inanspruchnahme der Landesverwaltung in der hier im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung maßgeblichen Fassung vom 18.9.1995 (GABl. 1995, 567) als Personalkosten für den gehobenen Dienst ein Stundensatz von 83,00 DM, dem noch Raumkosten je Arbeitsstunde von 2,90 DM und sonstige Sachkosten je Arbeitsstunde von 3,75 DM zugeschlagen werden können, in Ansatz zu bringen. Ausgehend von diesen Pauschsätzen, die vom Kläger nicht angegriffen sind und für deren Überprüfung der Senat keinen Anlass sieht, errechnet sich im vorliegenden Fall ein Verwaltungsaufwand, der deutlich über der festgesetzten Widerspruchsgebühr von 210,-- DM liegt.

Die festgesetzte Gebühr verstößt - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - nicht gegen das im Gebührenrecht generell geltende Äquivalenzprinzip, das vorliegend bei der Rahmengebühr damit umschrieben wird, dass die Höhe (neben anderem) "nach dem wirtschaftlichen oder sonstigen Interesse für den Gebührenschuldner" zu bemessen ist (§ 8 LGebG). Das allgemeine Äquivalenzprinzip als Ausgestaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Gebührenrecht (vgl. hierzu im Einzelnen und m.w.N. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.7.1998 - 9 S 1763/97 - ESVGH 49, 29) besagt, dass ein angemessenes Verhältnis zwischen der Gebühr und dem Wert der besonderen Leistung für den Empfänger bestehen muss (so schon BVerwG, Urt. v. 24.3.1961 - VII C 109.60 - BVerwGE 12, 162). Die besondere Leistung der Widerspruchsbehörde darf damit nicht außer Verhältnis zu dem - mit den Worten des Landesgesetzgebers - wirtschaftlichen oder sonstigen Interesse für den Gebührenschuldner stehen.

Im vorliegenden Fall besteht das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Aufhebung des ihn belastenden Abschleppkostenbescheides in Höhe von 194,15 DM, hinzu mag ein sonstiges Interesse treten, dass darin bestehen kann, von dem Vorwurf, sein Kraftfahrzeug unrechtmäßiger Weise abgestellt zu haben, exkulpiert zu werden. Weiter ist die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zwingende Voraussetzung für die Erhebung der Anfechtungsklage (§ 68 Abs. 1 VwGO); der negative Ausgang eröffnet somit den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten. Die von der Widerspruchsbehörde erbrachte Staatsleistung liegt in der tatsächlichen und rechtlichen Prüfung des angegriffenen Ausgangsbescheides.

Das Äquivalenzprinzip als solches ist nicht geeignet, feste Grenzen für die Bemessung einer Verwaltungsgebühr zu ziehen; es ist vielmehr zusammen mit dem Kostendeckungsgrundsatz gebührenbegrenzend in den Blick zu nehmen (vgl. auch BVerfG, Urt. v. 6.2.1979 - 2 BvL 5.76 - BVerfGE 50, 217). Zwar darf eine Verwaltungsgebühr nicht prohibitiv wirken (vgl. BVerwG. Urt. v. 24.3.1961 a.a.O.), doch ist gerade für eine Widerspruchsgebühr der Gesichtspunkt nicht unbeachtlich, dass durch ihre Erhebung - auch durch ihre Höhe - einer leichtfertigen oder gar missbräuchlichen Einlegung von Rechtsbehelfen entgegengewirkt werden kann (so BVerfG, Beschl. v. 6.2.1979 - 2 BvL 5.76 - BVerfGE 50, 217). Unverhältnismäßig und damit gegen das Äquivalenzprinzip verstoßend ist deshalb nur die Gebühr, wenn ein Missverhältnis zu der von der Verwaltung erbrachten Leistung besteht (BVerwG, Urt. v. 15.7.1988 - 7 C 5.87 - BVerwGE 80, 36) und sie sich unter keinem sachgemäßen Gesichtspunkt mit dem Kostendeckungsgrundsatz in Einklang bringen lässt (nochmals BVerfG, Beschl. v. 6.2.1979 a.a.O.).

Nach diesen Maßstäben ist die festgesetzte Widerspruchsgebühr von 210,--DM nicht zu beanstanden. Die Gebühr liegt unterhalb der Kostendeckung. Sie steht nicht außer Verhältnis zum wirtschaftlichen und sonstigen Interesse des Klägers an der Entscheidung über seinen Widerspruch. Dass sie höher liegt als der angegriffene Kostenbescheid führt zu keinem Missverhältnis zwischen der gebotenen staatlichen Leistung und dem Interesse des Gebührenschuldners.

Die Widerspruchsgebühr ist - entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts - aber auch nicht deshalb überhöht und damit rechtswidrig, weil sie "über den Gebühren liegt, die in einem gerichtlichen Verfahren mit demselben Streitgegenstand bei Unterliegen vom Kläger erhoben werden könnte". Die Erhebung der Verwaltungsgebühren, wie sie im Landesgebührengesetz geregelt sind, weist keinen Bezug zu den im Gerichtskostengesetz normierten Kosten eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auf. Im Landesgebührengesetz wird an keiner Stelle auf das Gerichtskostengesetz verwiesen. Soweit es für Verwaltungsgebühren, die auf Bundesrecht beruhen, anwendbar ist (§ 1 Abs. 3 LGebG), gilt dies dann nicht, wenn Bundesrecht anzuwenden ist (§ 1 Abs. 3 LGebG). Die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren entstehenden Kosten (Gebühren und Auslagen) werden ausschließlich nach dem Gerichtskostengesetz erhoben (§ 1 Abs. 1 GKG). Mögen auch für die Gerichtskosten die allgemeinen Gebührengrundsätze, soweit sie bundes(verfassungs-)rechtlich abgesichert sind, gelten, so weist allenfalls die Entscheidungsgebühr (GKG Anlage 1 Nr. 2115) eine gewisse Vergleichbarkeit mit der Widerspruchsgebühr auf. Die Gemeinsamkeit erschöpft sich jedoch darin, dass in beiden Fällen eine Entscheidung über einen Rechtsbehelf, nämlich die Klage oder den Widerspruch, getroffen worden ist, für die Kosten erhoben werden.

Die Erhebung und Festsetzung von Gerichtskosten zeigt deutliche strukturelle Unterschiede zur Widerspruchsgebühr als Rahmengebühr. Die in einem konkreten Fall festzusetzenden Gerichtskosten bemessen sich gerade nicht nach dem Aufwand, den die Entscheidung der Rechtssache erfordert, auch nicht nach der Bedeutung des Gegenstandes oder dem wirtschaftlichen oder sonstigen Interesse für den Gerichtskostenschuldner und unabhängig von dessen wirtschaftlichen Verhältnissen. Gerade diese Kriterien sind aber für die Gebührenfestsetzung im Widerspruchsbescheid maßgeblich (§ 8 LGebG).

Die Höhe der Gerichtskosten bestimmt sich nach dem Streitwert. Zwar ist der Streitwert in bestimmten Fällen nach der Bedeutung der Rechtssache für den Kläger nach Ermessen festzusetzen (§ 13 Abs. 1 S. 1 GKG). Das Interesse des Klägers bestimmt damit aber nur mittelbar die Höhe der Gerichtskosten. Im Falle der Anfechtungsklage gegen einen Gebührenbescheid - wie hier - lässt das Gerichtskostengesetz nicht einmal eine solche Festsetzung zu. Es schreibt vielmehr in § 13 Abs. 2 GKG vor, dass der Streitwert in Höhe des geforderten Geldbetrages festzusetzen ist. Hinzu kommt, dass es bei der Festsetzung der Widerspruchsgebühr u.a. auf das wirtschaftliche oder sonstige Interesse für den Gebührenschuldner ankommt. Wer Gebührenschuldner ist, ist bei der Festsetzung der Gerichtskosten ohne Belang. Primärkostenschuldner der Gerichtskosten ist derjenige, dem die Kosten des Verfahrens auferlegt worden sind (§ 54 Nr. 1 i.V.m. § 58 Abs. 2 GKG). Eine Begrenzung der Widerspruchsgebühr auf die Höhe der Gebühren, die in einem gerichtlichen Verfahren mit demselben Streitgegenstand bei Unterliegen des Klägers entstünden, lässt sich nicht rechtfertigen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Verwaltungsgericht für die gegenteilige Ansicht ins Feld geführte Entscheidung des VGH Bad.-Württ. v. 11.6.1986 (7 S 944/86). Die vom 7. Senat des erkennenden Gerichtshofs als Flurbereinigungsgericht getroffene Entscheidung hat keine Widerspruchsgebühr auf der Grundlage des § 8 LGebG zum Gegenstand. Sie erging unter Beachtung spezialgesetzlicher Vorschriften des Flurbereinigungsgesetzes, nach denen für die im Flurbereinigungsverfahren entstehenden Verfahrenskosten einschließlich der im Widerspruchsverfahren anfallenden Kosten grundsätzlich keine Gebühren erhoben werden dürfen und lediglich im Ausnahmefall bei abweisender Entscheidung im Widerspruchsverfahren eine Gebühr festgesetzt werden darf, wenn dies der Eigenart des Flurbereinigungsverfahrens nicht widerspricht. Landesrechtliche Kostenvorschriften über die Erhebung von Gebühren und Auslagen in der Verwaltung waren dagegen nach den Ausführungen des 7. Senats bei seiner Entscheidung gerade nicht anzuwenden.

Da der Kläger Gebührenschuldner ist und seine wirtschaftlichen Verhältnisse eine geringere Festsetzung der Widerspruchsgebühr als 210,-- DM nicht erfordern, ist seine Klage unbegründet und hätte deshalb vom Verwaltungsgericht insgesamt abgewiesen werden müssen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.