Öffentlich-rechtliche Aspekte der Dachbegrünung
von Ltd. Verwaltungsdirektor Wolfgang Fabry, Dietzenbach

 

 

Unterscheidung öffentliches Recht – ziviles Recht

Im Folgenden beschäftige ich mich mit den öffentlich-rechtlichen Aspekten der Dachbegrünung, die von zivilrechtlichen Aspekten abzugrenzen sind. Das öffentliche Recht regelt im Gegensatz zum Zivilrecht die Gesichtspunkte, die im wesentlichen die Allgemeinheit betreffen. Die Anforderungen des öffentlichen Rechts werden zumeist hoheitlich gesetzt und finden sich in den gesetzlichen Vorschriften, in Verordnungen und Satzungen. Diese haben Rechtssatzqualität. Verwaltungsvorschriften stellen zwar keine allgemeinverbindlichen Rechtsgrundlagen dar, sie regeln allerdings das Tätigwerden der öffentlichen Verwaltung und sind für die Träger und Bediensteten der öffentlichen Verwaltung verbindlich.

Im Zivilrecht hingegen geht es in der Regel um Ansprüche zweier oder mehrerer Rechtspersonen untereinander, die natürliche, wie auch juristische Personen sein können. Diese Ansprüche müssen nicht unbedingt gesetzlich begründet sein, sie haben ihre Grundlage zumeist in Vereinbarungen oder Verträgen.

Im öffentlichen Recht gelten relativ strenge Verfahrensregeln, deren Missachtung zur Rechtswidrigkeit des Verfahrens bzw. des Verfahrensergebnisses führen kann, in besonders krassen Fällen kann die Missachtung von Verfahrensregeln zur Nichtigkeit des Verfahrensergebnisses führen.

Im zivilen Recht gibt es sehr wenige Verfahrensregeln, die zu beachten sind, zumeist sind gewisse Formvorschriften, z. B. im Grundstücksverkehr, zu berücksichtigen.

Das öffentliche Baurecht teilt sich klassischer Weise in die Gebiete Bauplanungsrecht und Bauordnungsrecht auf. Das Bauplanungsrecht regelt dabei die bodenrechtlich relevante bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke im Plangebiet in planungsrechtlicher Hinsicht. Die wesentliche Grundlage für das Bauplanungsrecht findet sich im Baugesetzbuch (BauGB).

Das Bauordnungsrecht hingegen hat sich im wesentlichen als Landesrecht aus dem Baupolizeirecht als Ausfluss des Ordnungsrechtes und des Gefahrenabwehrgedankens entwickelt. Das Bauordnungsrecht regelt darüber hinaus Anforderungen in gestalterischer und baukonstruktiver Hinsicht. Weiterhin findet sich hier die gesamte Regelung des Genehmigungsverfahrens.

Die Probleme des öffentlichen Baurechtes reichen von Fragen des Genehmigungsverfahrens, der Nachbarbeteiligung, den baugestalterischen Anforderungen an Bauvorhaben, Fragen des Brandschutzes bis zur Dachbegrünung. Hierzu gehören auch Gebietsausweisungen, die Regelungsgegenstände von Bebauungsplänen, kooperative Handlungsformen wie Verträge und Absprachen, der Erlass von Erhaltungs- und Sanierungssatzungen, Probleme des Städtebauförderungsrechtes und lnhaltsbestimmungen des Eigentums in entschädigungsrechtlicher Hinsicht, Nutzungsuntersagungen, Nutzungsbeschränkungen usw.

Das öffentliche Baurecht umfasst sowohl den Bau eines Einfamilienhauses als auch die großflächigen Ausweisungen von Einzelhandelsmärkten als sogenannte „factory outlet center“, Fragen des Nachbarschutzes ebenso, wie mannigfache Verfahrensfragen. Auch Probleme der Städtebauförderung und der Raumordnung spielen hier oftmals eine entscheidende Rolle. Hinzu kommen länderspezifische Besonderheiten, die es im Einzelnen zu berücksichtigen gilt.

 

Die Dachbegrünung im Baurecht

Die Dachbegrünung kann sowohl Regelungsgegenstand des Bauplanungsrechts wie auch des Bauordnungsrechts sein. So kann beispielsweise das Gründach in einem Bebauungsplan festgesetzten sein, also im kommunalen Bauleitplan. Sie kann aber genauso gut in einer Gestaltungssatzung von der Kommune vorgeschrieben werden.

 

Die Dachbegrünung im Bebauungsplan

Der rechtliche Rahmen der kommunalen Bebauungsplanung wird durch das 1987 in  Kraft getretene Baugesetzbuch (BauGB) bestimmt. Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Kommune vorzubereiten und zu leiten, also zu planen. Instrumente hierfür sind der Flächennutzungsplan und die Bebauungspläne, welche die Gemeinden in eigener Verantwortung aufstellen, § 2 Abs. 1 BauGB:

„Aufstellung der Bauleitpläne, Verordnungsermächtigung

(1) Die Bauleitpläne sind von der Gemeinde in eigener Verantwortung aufzustellen. Der Beschluss, einen Bauleitplan aufzustellen, ist ortsüblich bekannt zu machen.“

Rechtlich stellt der Flächennutzungsplan nur eine Planungsabsicht der Gemeinde dar; er entwickelt gegenüber dem Bürger mangels Außenwirkung keine unmittelbare Verbindlichkeit. Die Bebauungspläne hingegen werden als Satzung beschlossen, § 10 BauGB:

Beschluss, Genehmigung und In-Kraft-Treten des Bebauungsplans

(1) Die Gemeinde beschließt den Bebauungsplan als Satzung.

(2) Bebauungspläne nach § 8 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 bedürfen der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. § 6 Abs. 2 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Erteilung der Genehmigung, oder soweit eine Genehmigung nicht erforderlich ist, der Beschluss des Bebauungsplans durch die Gemeinde ist ortsüblich bekannt zu machen. Der Bebauungsplan ist mit der Begründung zu jedermanns Einsicht bereitzuhalten; über den Inhalt ist auf Verlangen Auskunft zu geben. In der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen, wo der Bebauungsplan eingesehen werden kann. Mit der Bekanntmachung tritt der Bebauungsplan in Kraft. Die Bekanntmachung tritt an die Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung.

(4) Die Gemeinde übermittelt den nach § 4a beteiligten Stellen des anderen Staates den Bebauungsplan mit Begründung; unter den in § 4a Abs. 2 Satz 4 genannten Voraussetzungen soll die Gemeinde eine Übersetzung des Bebauungsplans einschließlich seiner Begründung beifügen.“

und sind damit unmittelbar und für jedermann verbindlich.

Bei der Aufstellung der Bauleitpläne ist die nach § 1 Abs. 6 BauGB

„(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.“

geforderte Abwägung der öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander durchzuführen. Hierbei hat die Gemeinde die Ziele zu beachten, denen die Bauleitplanung gem. § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB zu dienen hat und die zu verwirklichen sind. Ziel der Planung soll nicht nur eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende sozialgerechte Bodennutzung, sondern die Sicherung einer menschenwürdigen Umwelt und der natürlichen Lebensgrundlagen sein. Neben weiteren Planungsleitsätzen, die in § 1 Abs. 5 BauGB

„(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung und eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende sozialgerechte Bodennutzung gewährleisten und dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln. Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen

1.     die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,

2.     die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung bei Vermeidung einseitiger Bevölkerungsstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung insbesondere durch die Förderung Kosten sparenden Bauens und die Bevölkerungsentwicklung,

3.     die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen und alten Menschen und der Behinderten, die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,

4.     die Erhaltung, Erneuerung und Fortentwicklung vorhandener Ortsteile sowie die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbilds,

5.     die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege sowie die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung,

6.     die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,

7.     gemäß § 1a die Belange des Umweltschutzes, auch durch die Nutzung erneuerbaren Energien, des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere des Naturhaushalts, des Wassers, der Luft und des Bodens einschließlich seiner Rohstoffvorkommen, sowie das Klima,

8.     die Belange der Wirtschaft, auch ihrer mittelständigen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, der Land- und Forstwirtschaft, des Verkehrs einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs, des Post- und Fernmeldewesens, der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, der Abfallentsorgung und der Abwasserbeseitigung sowie die Sicherung von Rohstoffvorkommen und die Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,

9.     die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes,

10.  die Ergebnisse einer von der Gemeinde beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung.

Landwirtschaftlich, als Wald oder für Wohnzwecke genutzte Flächen sollen nur im notwendigen Umfang für andere Nutzungsarten vorgesehen und in Anspruch genommen werden.“

aufgeführt werden, wird der sparsame und schonende Umgang mit Grund und Boden hervorgehoben. Diesem Abwägungsgebot liegt die Erkenntnis zugrunde, dass es unmöglich ist, allen privaten und öffentlichen Belangen, die im zu beplanenden Gebiet planungsrelevant sind, gleichermaßen Rechnung zu tragen. Die Gemeinde muss sich deshalb oftmals in der Abwägung für den einen und gegen den anderen Belang entscheiden.

Diese durchzuführende Abwägung darf durch die Entscheidungsträger der Gemeinde nicht in einer Weise vorgenommen werden, die zu der objektiven Gewichtung einzelner Belange außer Verhältnis steht. Ansonsten ist das Abwägungsergebnis fehlerhaft, was dazu führt, dass der Bauleitplan ungültig ist (§ 214 BauGB).

Im übrigen ist die Gemeinde allerdings frei, sich zwischen den verschiedenen kollidierenden Belangen zu entscheiden. Dies ist das schöpferische Element der Planung, das es jeder Gemeinde ermöglicht, sich autonom ihre eigene Individualität, ihr unverwechselbares Stadtbild zu geben. Allerdings ergeben sich Einschränkungen der kommunalen Planungshoheit durch die Pflicht der Gemeinden, die Bauleitpläne an die Ziele der Raumordnung und Landesplanung (§ 1 Abs. 4 BauGB) anzupassen, aus der nachbarlichen Abstimmungspflicht (§ 2 Abs. 2 BauGB), die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (§ 4 Abs. 1 BauGB) durchzuführen sowie die privilegierten Fachplanungen (§ 38 BauGB) zu berücksichtigen.

Die Baunutzungsverordnung (BauNVO) als weitere wichtige Quelle des Städtebaurechtes enthält Vorschriften über die Darstellung und Festsetzung von Art und Maß der baulichen Nutzung der zu beplanenden Grundstücke, also insbesondere der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche.

Als Rechtsgrundlage für die Festsetzung einer Dachbegrünung kommt zunächst einmal die Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB in Betracht, welche lautet:

„(2) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:
..........
25. für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen

a)   das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,

b)  Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;“

Derartige Festsetzungen müssen natürlich immer systemneutral ausfallen, aber eindeutig und unmissverständlich festlegen, was gefordert ist. Das heißt, die Qualität einer Dachbegrünungsmaßnahme muss festgelegt werden, damit aus den Bebauungsplanfestsetzungen auch konkrete Forderungen im Einzelfall entwickelt werden können. Zumindest die Vegetationsform und die durchwurzelbare Schichtstärke muss im Bebauungsplan festgelegt werden. So könnte eine textliche Festsetzung beispielsweise wie folgt lauten:

„Die Dachflächen sind als begrünte Flächen auszubilden und auf mindestens ... cm Substratauflage mit ... und ... und ... so zu bepflanzen, dass dauerhaft eine geschlossene Vegetationsfläche gewährleistet ist, die auf Dauer erhalten werden muss.“

Zur Begründung könnte z.B. zurück gegriffen werden auf die Begründung der Stadt Stuttgart zum Bebauungsplan Stuttgart 21 – Teilgebiet A1, wo es heißt:

„Die Festsetzungen zur Dachbegrünung (80 % mit mind. 12 cm Substratschicht; 20 % mit mind. 60 cm Substratschicht) sind erforderlich als Ausgleich für den aus stadtge­stalterischen Gründen sparsam begrünten öffentlichen Raum, zur stadtklimatischen Optimierung und als teilweiser Ersatz für Biotope. Wegen der exponierten Lage des Plangebiets im Stuttgarter Talkessel mit guter Einsehbarkeit von den umgebenden Hö­henlagen kann mit einer weitgehenden abwechslungsreichen Dachbegrünung eine op­tische Integration in das umgebende Grün (Hanggrün/Schlossgarten) gelingen.“

Zur Rechtmäßigkeit einer solchen Festsetzung einer Dachbegrünung hat z. B. das Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein in seinem Urteil vom 2. März 1994, Az. 1 K 10/91 zu dem Einwand eines Antragsstellers in einem Normenkontrollverfahren, er sei durch die festgesetzte Dachbegrünung beschwert und in seinen Rechten verletzt, folgendes ausgeführt:

„Auch die Einwände des Antragstellers gegen die festgesetzte Dachbegrünung führen nicht zur Nichtigkeit des Bebauungsplans. Der Antragsteller ist von der gemäß § 9 Abs. 1 Nr.25 a BauGB getroffenen Festsetzung, dass die Dachflächen der Gebäude in den Gebieten WA 1 mit einer Extensivbegrünung auszustatten seien, insoweit betroffen, als die auf der rückwärtigen Fläche des Flurstücks 11/8 bebaubare Fläche in diesem Gebiet liegt. In der Begründung für den Bebauungsplan hat die Antragsgegnerin hierzu ausgeführt, als Ausgleich für den Eingriff in die im Plangebiet vorhandene zum Teil landwirtschaftlich genutzte Fläche sowie die mit Bäumen bewachsene Fläche, bei der es sich um einen Wald i.S.d. Landeswaldgesetzes handele, sollten die Dächer von Garagen und Carports begrünt werden, ebenso die Dächer der Wohngebäude im Mittelteil. Diese Festsetzung solle im übrigen das Kleinklima begünstigen.

Diese Erwägungen sind im Zusammenhang zu sehen mit den Festsetzungen der Grünflächen, die Flächen zum Anpflanzen von Bäumen und Sträuchern, Festsetzungen über anzupflanzende und zu erhaltende Bäume und Sträucher sowie Flächen mit Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen und Sträuchern vorsehen. Im Text Ziffer 5 des Bebauungsplans ist vorgesehen, dass die nicht überbaubaren Grundstücksflächen je angefangene 300 qm Grundstücksflächen mit einem groß werdenden einheimischen Laubbaum zu bepflanzen sind, sofern Bäume in entsprechender Zahl noch nicht vorhanden sind. In der Begründung für den Bebauungsplan (Ziffer 14: Grünordnung/Bodenschutz) hat die Antragsgegnerin ausgeführt, dass mit diesen Festsetzungen insgesamt eine intensive Durchgrünung des Plangebietes bewirkt werden solle.

Es ist nicht erkennbar, dass die Festsetzung der Dachbegrünung zusätzlich zu den übrigen Festsetzungen im Rahmen der Grünordnung zu einer abwägungsfehlerhaften Vernachlässigung der geschützten Belange des Antragstellers oder zu einer fehlerhaften Gewichtung der ihm durch diese Festsetzung entstehenden Nachteile führt. Gegenüber den von der Mutter des Antragstellers im Anhörungsverfahren gegen die Dachbegrünung geltend gemachten Bedenken, insbesondere wegen deren Schadenanfälligkeit, hat die Ratsversammlung auf ihrer Sitzung am 18.05.1989 angeführt, eine Studie der Hamburger Umweltbehörde besage, dass z. B. ein Sedumdach kostengünstiger sei als z.B. ein Dach mit Tonziegeln, wobei die Haltbarkeit bei Tondachziegeln bei 30 Jahren liege und bei Sedumdächern mehr als 80 Jahre Haltbarkeit ohne Reparaturen nachweisbar sei. Die Antragsgegnerin hat sich somit, ohne dass Fehler bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials erkennbar sind mit den Einwänden des Antragstellers auseinandergesetzt und ohne dass sachwidrige Erwägungen ersichtlich sind, an ihrer planerischen Konzeption festgehalten.“

In diesem Zusammenhang sei auch auf die Regelung des § 1a BauGB, der sich mit der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB befasst, hingewiesen:

„§ 1a BauGB       Umweltschützende Belange in der Abwägung

 (1) Mit Grund und Boden soll sparsam und schonend umgegangen werden, dabei sind Bodenversiegelungen auf das notwendige Maß zu begrenzen.

(2) In der Abwägung nach § 1 Abs. 6 sind auch zu berücksichtigen

1.   die Darstellungen von Landschaftsplänen und sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechtes,

2.   die Vermeidung und der Ausgleich der zu erwartenden Eingriffe in die Natur und Landschaft (Eingriffsregelung nach dem Bundesnaturschutzgesetz),

3.   die Bewertung der ermittelten und beschriebenen Auswirkungen eines Vorhabens auf die Umwelt entsprechend dem Planungsstand (Umweltverträglichkeitsprüfung), soweit im Bebauungsplanverfahren die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit hat von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage zu § 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung begründet werden soll, und

4.   die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und der Europäischen Vogelschutzgebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes; soweit diese erheblich beeinträchtigt werden können, sind die und Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes über die Zulässigkeit oder Durchführung von derartigen Eingriffen sowie die Einholung der Stellungnahme der Kommission anzuwenden (Prüfung nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie).

(3) Der Ausgleich der zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft erfolgt durch geeignete Darstellungen nach § 5 als Flächen zum Ausgleich und Festsetzungen nach § 9 als Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich. Soweit dies mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung und den Zielen der Raumordnung sowie des Naturschutzes und der Landschaftspflege vereinbar ist, können die Darstellungen und Festsetzungen nach Satz 1 auch an anderer Stelle als am Ort des Eingriffs erfolgen. An Stelle von Darstellungen und Festsetzungen nach Satz 1 oder 2 können auch vertragliche Vereinbarungen gemäß § 11 oder sonstige geeignete Maßnahmen zum Ausgleich auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen getroffen werden. Ein Ausgleich ist nicht erforderlich, soweit die Eingriffe bereits vor der planerischen Entscheidung erfolgt sind oder zulässig waren.“

Hiernach kann die Festsetzung einer Dachbegrünung auch als Ausgleich für einen Eingriff in Natur und Landschaft (durch die vorgesehene Bebauung) dienen. Bei Eingriffen in Natur und Landschaft im Rahmen der Bauleitplanung ist über die Vermeidung, den Ausgleich und den Ersatz nach den Vorschriften des Baugesetzbuches zu entscheiden.

Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist jedoch bei allen Festsetzungen im Einzelfall zu überprüfen, ob Aufwand und Nutzen der festgesetzten Maßnahmen in einem angemessenen Verhältnis stehen. Wenn beispielsweise die Realisierung einer intensiven Dachbegrünung zu erheblichen baulichen Mehraufwendungen führen würde (höhere statische Anforderungen durch erhöhte Dachlasten), der Vorteil für den Naturhaushalt aber lediglich geringfügig ist, kann eine solche Maßnahme nicht verpflichtend vorgeschrieben werden.

Die verpflichtende Festsetzung von Maßnahmen im Bebauungsplan für eine Gewerbe- oder Industriegebiet zu einem Zeitpunkt, in dem die Betriebe bzw. die Art der Betriebe noch unbekannt sind, kann dann zu Problemen führen, wenn einzelne Betriebe aus betriebsinternen Gründen daran gehindert sind, eine entsprechende Umsetzung vorzunehmen. So ist eine Dachbegrünung beispielsweise bei Firmen, die mit feuergefährlichen Materialien umgehen, aus Brandschutzgründen häufig ausgeschlossen. Der Bebauungsplan muss deshalb zumindest entsprechende Ausnahmen vorsehen.

Dass die Dachbegrünung als Festsetzung in einem Bebauungsplan immer wieder gefordert werden muss, hat seinen Grund in der Tatsache, dass leider die Bereitschaft von Bauherren, Flachdächer oder leicht geneigte Dächer freiwillig als Gründächer herzustellen, nicht so entwickelt ist, wie dies zu wünschen wäre. Da Dachbegrünungen zum überwiegenden Teil nur deshalb gebaut werden, weil sie durch verbindliche Bauauflagen zwingend vorgeschrieben werden, muss eben wiederholt daran erinnert werden, dass die Kommunen in der Lage sind, in den von ihnen aufzustellenden Bebauungsplänen entsprechende Vorgaben zu treffen, um auf diese Art und Weise dafür Sorge zu tragen, dass die Vorteile der Dachbegrünung wirksam werden können und ein weiterer Flächenverbrauch umweltverträglich gestaltet wird.

 

Die Dachbegrünung im Bauordnungsrecht

Das Bauordnungsrecht ist im Wesentlichen in den Bauordnungen der einzelnen Bundesländer verankert, die deshalb von Land zu Land unterschiedlich sind. Durch diese Bauordnungen der Länder werden die Anforderungen an die zu errichtenden Gebäude konkretisiert, die bei der Aufstellung der Bebauungspläne zu berücksichtigen sind. Die jeweilige Landesbauordnung (LBO) definiert z.B. die notwendige Tiefe der erforderlichen Abstandsflächen oder die Notwendigkeit der Errichtung von Stellplatzanlagen und Fahrradabstellanlagen. Nach den meisten Bauordnungen sind die Gemeinden ermächtigt, örtliche Bauvorschriften, wie z.B. Gestaltungsvorschriften, zu erlassen, die als Festsetzungen in den Bebauungsplan aufgenommen werden können. In Hessen hat dies der Gesetzgeber sehr aufschlussreich in § 87 Abs. 1 Nr. 5 der Hessischen Bauordnung (HBO) wie folgt formuliert:

„(1) Die Gemeinden können durch Satzung besondere Vorschriften erlassen über

5.      die Begrünung von baulichen Anlagen nach Art, Ort und Umfang sowie über die Gestaltung der Grundstücksfreiflächen, zur Gestaltung der Grundstücksfreiflächen kann insbesondere die Bepflanzung mit Bäumen und Sträuchern nach Art, Zahl und Verteilung geregelt werden; auch kann allgemein oder für einzelne Bereiche vorgeschrieben werden, dass bestimmte Teile der Grundstücksfreiflächen wie Vorgärten, nur zu bepflanzen und so zu unterhalten sind; auch kann bestimmt werden, dass die anzulegende und zu unterhaltende Fläche je nach Art der baulichen oder sonstigen Nutzung einen bestimmten Anteil der Grundstücksfreifläche nicht unterschreiten darf,“

und darüber hinaus noch in § 87 Abs. 2 Nr. 3 HBO geregelt:

„(2) Die Gemeinden können ferner durch Satzung bestimmen, dass

3.    im Gemeindegebiet oder in Teilen davon Anlagen zum Sammeln oder Verwenden von Niederschlagswasser oder zum Verwenden von Grauwasser vorgeschrieben werden, um die Abwasseranlagen zu entlasten, Überschwemmungsgefahren zu vermeiden oder den Wasserhaushalt zu schonen, soweit wasserwirtschaftliche oder gesundheitliche Belange nicht entgegenstehen,“

In solchen Gestaltungsvorschriften kann also auch die Ausbildung der Dächer, also beispielsweise auch die Herstellung eines Gründaches vorgegeben werden.

Wohingegen die Bebauungspläne stets einen bestimmten räumlichen Teil einer Gemeinde, nämlich das auszuweisende Neubaugebiet beplanen und somit nur für dieses abgegrenzte Gebiet verbindliche Festsetzungen treffen, können Gestaltungsvorschriften auch für andere, schon bebaute Gebiete Vorgaben treffen, die bei Neu- oder Umbaumaßnahmen zu berücksichtigen sind, also beispielsweise bei der Füllung von Baulücken im Bereich des Zusammenhangs bebauter Ortsteile i.S.d. § 34 BauGB.

Soweit eine Gemeinde von der Satzungsermächtigung des § 34 Abs. 4 BauGB

„(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.     die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,

2.     bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,

3.     einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechen geprägt sind.

Die Satzungen können miteinander verbunden werden. Die Satzungen nach Satz 1 Nr. 2 und 3 müssen mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sein; in ihnen können einzelne Festsetzungen nach § 9 Abs. 1, 2 und 4 getroffen werden. § 9 Abs. 6 ist entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Satz 1 Nr. 3 sind ergänzend die §§ 1a und 9 Abs. 1a und 8 entsprechend anzuwenden.“

Gebrauch macht, hat sie die Möglichkeit, für den davon erfassten Bereich Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 25 (siehe oben) zu treffen, also unter anderem die Dachbegrünung – wie in einem Bebauungsplan – vorzuschreiben.

 

Die Dachbegrünung im Naturschutzrecht

Die durch das Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz eingeführten §§ 8a - 8c Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) regeln das Verhältnis von Naturschutzrecht und Bauleitplanung. Die Anwendung der Eingriffsregelung für bauliche Vorhaben ist bundesweit insoweit vereinheitlicht worden, als die Eingriffsregelung von der Vorhabenebene in die Bauleitplanung verlagert worden ist. Für die Vorhaben aufgrund von Bebauungsplänen gilt seit dem 1.Mai 1993 allein das BNatSchG.

Nach § 8 I BNatSchG

„Eingriffe in Natur und Landschaft

(1) Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen, die die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich oder nachhaltig beeinträchtigen können.“

stellen Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen, welche die Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes oder das Landschaftsbild erheblich oder dauerhaft beeinträchtigen, einen Eingriff in die Natur dar.

§ 8 Abs. 2 BNatSchG

„(2) Der Verursacher eines Eingriffs ist zu verpflichten, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen sowie unvermeidbare Beeinträchtigungen innerhalb einer zu bestimmenden Frist durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen, soweit es zur Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege erforderlich ist. Voraussetzung einer derartigen Verpflichtung ist, dass für den Eingriff in anderen Rechtsvorschriften eine behördliche Bewilligung, Erlaubnis, Genehmigung, Zustimmung, Planfeststellung, sonstige Entscheidung oder eine Anzeige an eine Behörde vorgeschrieben ist. Die Verpflichtung wird durch die für die Entscheidung oder Anzeige zuständige Behörde ausgesprochen. Ausgeglichen ist ein Eingriff, wenn nach seiner Beendigung keine erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigung des Naturhaushalts zurückbleibt und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wieder hergestellt oder neu gestaltet ist.“

gibt deshalb den zuständigen Behörden – die nach Landesrecht zu bestimmen sind – auf, den Verursacher zu verpflichten, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Unvermeidbare Beeinträchtigungen hat der Verursacher auszugleichen. Dies können Ausgleichsmaßnahmen am Ort des Eingriffes oder Ersatzmaßnahmen an einem anderen Ort der Kommune sein. Die Elemente der Eingriffsregelung - Vermeidung, Ausgleich, Ersatz - sind in der Bauleitplanung entsprechend anzuwenden und unterliegen der Abwägung nach § 1 BauGB. Dies bedeutet, dass den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auch im Rahmen der Eingriffsregelung kein gesetzlich festgelegter Vorrang zukommt. Für die Praxis bedeutet dies, dass schon bei der Aufstellung des Bauleitplans, die Möglichkeiten zur Minderung oder zum Ausgleich der Eingriffsfolgen abwägend berücksichtigt und im Plan entsprechend dargestellt oder festgesetzt werden müssen.

Diese „Eingriffsregelung“ des BNatSchG hat in der Praxis zu unterschiedlichen Ausgestaltungen geführt, weil es keine bundeseinheitliche Regelungen über den Vollzug gibt, also in den unterschiedlichen Ländern auch ein unterschiedlicher Vollzug festzustellen ist. Dies ergibt sich auch durch die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe durch den Bundesgesetzgeber.

Ziel der Eingriffsregelung nach BNatSchG ist es, die durch Bebauung eingeschränkte Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts durch geeignete Maßnahmen innerhalb und außerhalb der Baugebiete zu verbessern. Die Bewertungsmaßstäbe für eine „erhebliche“ oder „nachhaltige“ Beeinträchtigung i.S.d. § 8 Abs. 2 Satz 4 BNatSchG werden allerdings vom Gesetz nicht näher eingegrenzt. Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass das Recht des Naturschutzes und der Landschaftspflege auf die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe nicht verzichten kann (Beschluss vom 11. Mai 1993, - 4 NB 8.92 -, NVwZ 1994, S. 77). Als maßgebend für die Beurteilung wird „der Standpunkt des gebildeten, für den Gedanken des Natur- und Landschaftsschutzes aufgeschlossenen Betrachters“ zugrundegelegt.

Das Gesetz enthält in § 8 a Abs. 4 Satz 2 BNatSchG

„(4) Soweit die Gemeinde Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach Absatz 3 durchführt, sind die Kosten auf die zugeordneten Grundstücke zu verteilen. Verteilungsmaßstäbe sind

1.     die überbaubare Grundstücksfläche,

2.     die zulässige Grundfläche,

3.     die Schwere der zu erwartenden Beeinträchtigungen.

Die Verteilungsmaßstäbe können miteinander verbunden werden. Die Absätze 2 bis 4 gelten auch für Vorhaben im Geltungsbereich einer Satzung nach § 4 Abs. 2a und § 7 des Maßnahmengesetzes zum Baugesetzbuch.“

drei Bewertungsmaßstäbe, die miteinander verbunden werden können:

-       die überbaubare Grundstücksfläche (§ 30 Abs. 1 BauGB),

-       die zulässige Grundfläche (§ 19 Abs. 2 BauNVO),

-       die Schwere der zu erwartenden Beeinträchtigungen (§ 8 Abs.1 BNatSchG).

Die quantitative Bewertung dient der Festlegung des Verhältnisses zwischen Eingriffsfläche und Ausgleichsfläche; die qualitative Bewertung erbringt den Nachweis, dass der Ausgleich, gegliedert nach Natur- und Landschaftsfunktionen, gleichartig geleistet wird. Je mehr es bereits im Planungsprozess gelingt, Beeinträchtigungen zu vermeiden, um so geringer ist der Kompensationsbedarf.

Besonders unterschiedlich verfährt die Verwaltungspraxis bei der Bewertung der Schwere eines Eingriffs in den Naturhaushalt. Die naturschutzrechtlichen Auflagen werden in unterschiedlicher Zuständigkeit festgelegt, die Vorschriften zur Anwendung der Eingriffsregelung sind je nach Bundesland mit unterschiedlichem Differenzierungsgrad gefasst und bundesweit nicht auf eine einheitliche Rechtsgrundlage zurückzuführen. Eine Harmonisierung zwischen Baurecht und Naturschutzrecht ist deswegen als überfällig anzusehen. Weil die Rechtslage bundesrechtlich bisher nicht konkretisiert wurde, haben einige Bundesländer eigene Verfahrensregeln für die Praxis verabschiedet, auf die im Einzelnen hier nicht eingegangen werden kann und muss.

Wichtig zu wissen ist, dass die Anlage begrünter Dächer durchaus als Ausgleich von Eingriffen gewertet werden kann und deshalb die Gemeinden sich auch des Instruments der Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 25 BauGB bedienen können und sollen.

 

Die Dachbegrünung als Maßnahme des Regenwassermanagements

Die Entsorgung von Regenwasser bringt oftmals Probleme. die nur mit einem ausgeklügelten Regenwassermanagement gelöst werden können. Diese Probleme stehen nicht nur in Verbindung mit den kommunalen Abwasseranlagen, sondern auch mit Fragen des Hochwasserschutzes, der Schonung der Grundwasserreserven etc.

Die Frage, welchen Zusammenhang begrünte Dächer mit der kommunalen Abwasserbeseitigung haben, beantwortet sich schnell und einfach mit der Überlegung, dass das Dachablaufwasser im Regelfall über die Dachrinnen und die Grundstücksentwässerung der öffentlichen Kanalisation zugeführt wird. Dass begrünte Dächer ein beachtliches Rückhaltevermögen für das darauf niedergehende Regenwasser besitzen, ist leicht einsehbar. Ein Teil des Regenwassers verdunstet, der Rest fließt zeitverzögert ab. Dass deshalb im Regenwetterfall weniger Niederschlagswasser von einem begrünten Dach der öffentlichen Abwasseranlage zugeführt wird als von einem „normal“ gedeckten Dach ist die logische Folge mit positiven Auswirkungen auf die öffentliche Entwässerungsanlage, auf den Regenwasserabfluss in die Gewässer und damit auf den Hochwasserschutz und nicht zuletzt auch für das Grundwasser.

Die Dachbegrünung ist deshalb ein wichtiges Standbein eines effektiven Regenwassermanagements, in dem neben der Regenwasserrückhaltung auch die Regenwasserverwertung und –versickerung eine gewichtige Rolle spielen.

Es fragt sich deshalb, ob diese geringere Inanspruchnahme auch bei der Erhebung von kommunalen Gebühren für die Abwasseranlage berücksichtigt werden muss.

 

Die Dachbegrünung im Gebührenrecht Abwasser

Die Gebühren für die Beseitigung des Abwassers in öffentlichen Abwasseranlagen werden seit Jahren zumeist nach dem Wahrscheinlichkeitsmaßstab des Frischwasserverbrauches er­hoben. Hierbei wird angenommen, dass in der Regel die Menge des einem Grundstück zugeleiteten Frisch­wassers auf allen Grundstücken des Einzugsbereichs der öffentlichen Anlage im gleichen Verhältnis steht zur abgeleiteten Abwassermenge. Dass die bezogenene Frisch­wassermenge nicht mit der abgeleiteten Abwassermenge gleichzusetzen ist, ergibt sich aus der einfachen Tatsache, dass sich Abwasser zusammensetzt aus Schmutzwasser und Niederschlagswasser. Unter dem Begriff „Schmutzwasser" versteht man das durch Gebrauch in seinen Eigenschaften veränderte Wasser, unter dem Begriff „Niederschlags­wasser" das von bebauten oder künstlich befestigten Flächen abfließende und gesammelte Wasser, § 1 Abs. 1 Abwasserabgabengesetz (AbwAG). Die auf einem Grundstück verwendete Frischwassermenge gibt also nur einen einigermaßen genauen Hinweis auf die vom gleichen Grund­stück abfließende Schmutzwassermenge, nicht jedoch auf die abfließende Menge des Nieder­schlagswassers.

Die auf den Grundstücken im Einzugsbereich einer Abwasseranlage anfallenden Nieder­schlags­wassermengen sind, abgestellt auf die gesetzliche Beschreibung des Begriffes „Nieder­schlagswas­ser", abhängig von der Größe der bebauten oder künstlich befestigten Fläche des Grundstücks. Sie sind natürlich auch abhängig von der Stärke und Dauer der Niederschläge, was hier aber vernach­lässigt werden kann mit dem Hinweis, dass die Regen­ereignisse innerhalb der jeweiligen Einzugsge­biete öffentlicher Abwasseranlagen im Jahres­verlauf gleich sind in Dauer und Ergiebigkeit. Das heißt, im Wesentlichen bestimmen ausschließlich die Größen der bebauten oder künstlich befestigten Grundstücksflächen, die an die öffentlichen Abwasseranlagen angeschlossen sind (im Folgenden „versiegelte Flächen" genannt), die Menge des zu entsorgenden Niederschlagswassers. Die Einleitung dieses Niederschlagswassers zusammen mit dem auf dem gleichen Grundstück anfall­en­den Schmutzwasser stellt die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung „Abwas­ser­anlage" dar, für die der Unternehmer dieser Einrichtung (Gemeinde oder Abwasserverband) Gebühren auf der Grundlage des jeweiligen Kommunalen Abgabengesetzes (KAG) fordern kann.

Die Erhebung von Gebühren für die Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung bedeutet nichts anderes als die Verteilung der Kosten der Einrichtung auf ihre Nutzer. Hierbei sind Art und Umfang der jeweiligen Inanspruchnahme zu berücksichtigen. Das heißt, in dem Verteilungsmaßstab, Gebühren­maßstab genannt, muss sowohl die Quantität als auch die Qualität des im jeweiligen Einzelfall eingeleiteten Abwassers berücksichtigt werden, wenn dies für die Abwasserentsorgungskosten nicht nur unerhebliche Bedeutung hat (siehe hier­zu Driehaus-Lohmann, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rn. 688 - 690). So hat beispiels­weise die Rechtssprechung in der Vergangenheit den Frischwassermaß­stab für die Be­mess­ung der Abwassergebühren, also ohne Berücksichtigung der Einleitung von Nieder­schlagswasser, für zulässig gehalten, wenn nach den örtlichen Verhältnissen die Kosten der Regen­wasserableitung im Vergleich zur Schmutzwasserableitung gering waren, weil dann noch davon ausgegangen werden kann, dass der Frischwassermaßstab auch in Bezug auf die Nieder­schlagswasserableitung im allgemeinen zu einer annähernd gerechten Ge­bühren­­­be­lastung der Benutzer der Kanalisation führt (vgl. HessVGH, Beschluss vom 07.06.1985 - V N 3/82 - in KStZ 1985,193 = GemHH 1986, 186 = ZKF 1985, 254).

Von geringen Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung im Vergleich zur Schmutz­was­ser­beseitigung kann heute jedoch nicht mehr gesprochen werden. In den letzten Jahren haben sich die Anforderungen der Wasserwirtschaft an die Behandlung und Beseitigung des Niederschlagswassers ständig erhöht und jede Gemeinde, die ihre Abwasseranlage den der­zeit geltenden Regeln der Technik entsprechend ausgebaut hat wird feststellen müssen, dass im Vergleich die Kosten der Nieder­schlags­was­ser­be­seitigung den Kosten der Schmutzwasserbesei­tigung ungefähr entsprechen. So muss beispielsweise gesehen werden, dass die Dimensionierung des Kanal­netzes für den sogenannten Ein­jahres­regen erfolgt und die abzuleitenden Schmutzwassermengen wesentlich geringere Leitungs­dimensionen nur erfordern. Die hydraulischen Probleme der Nieder­schlagswasserent­sorgung zu bewältigen erfordert annähernd den gleichen finanziellen Aufwand wie die eigentliche Reinigung vorwiegend des Schmutzwassers. Angesichts dieser Kostensituation, die zugegebenermaßen von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich sein kann, wird in abseh­barer Zeit nicht mehr davon gesprochen werden können, dass die Kosten der Regen­wasser­beseitigung gering seien im Vergleich zu den Kosten der Schmutzwasser­be­seitig­ung. Das heißt, es wird Zeit für Überlegungen, wie der Maßstab für die Bemessung von Ab­wasser­gebühren gestaltet werden muss, damit eine "annähernd gerechte Gebühren­be­last­ung" der Abwassereinleiter erreicht wird.

Allerdings ist nicht nur das Kostenverhältnis für die Frage entscheidend, ob das Nieder­schlags­wasser im Gebührenmaßstab berücksichtigt werden muss. Denn selbst bei einem hohen Kostenanteil für die Niederschlagswasserbeseitigung zeigen sich gleiche Ergebnis­se, wenn auf allen Grundstüc­ken im Entsorgungsgebiet das Verhältnis zwischen abzuleiten­der Niederschlagswassermenge einerseits und abzuleitender Schmutzwassermenge ander­erseits jeweils gleich wäre. Eine besondere Berücksichtigung der Niederschlags­wasser­ab­leitung bei der Gebührenbemessung würde sich dann als überflüssig herausstellen. Unter­schiedliche Verhältnisse zwischen Nieder­schlagswasserableitung und Schmutzwasser­ab­leitung sind bis zu einem bestimmten Grad vernach­lässigbar, wenn sie geringfügig sind und eine noch „annähernd gerechte Gebührenbelastung" der Gebührenpflichtigen zulassen.

Was sind nun unterschiedliche Entwässerungsverhältnisse in diesem Sinne?

Sie lassen sich in folgende Fallgruppen einordnen:

1.  Niederschlagswasser wird gar nicht in die Abwasseranlage eingeleitet. Es wird entweder auf dem Grundstück versickert und/oder verwertet oder in wasserrechtlich zugelassener Weise direkt in ein Gewässer eingeleitet.

2.  Es wird von dem angeschlossenen Grundstück ausschließlich Niederschlagswas­ser der Abwasseranlage zugeführt (z.B. Garagengrundstücke, Grundstücke mit Trans­formatorenhäuschen, befestigte Parkplätze).

3.  Auf dem Grundstück befindet sich ein Wassergroßverbraucher, ohne dass dem überdurchschnittlichen Wasserverbrauch auch entsprechend große versiegelte Flä­chen gegenüber stehen.

4.  Auf dem Grundstück befinden sich überdurchschnittlich große ver­siegel­te Flä­chen, ohne dass auch ein entsprechend großer Wasserverbrauch darauf stattfindet.

Wenn der Anteil dieser außergewöhnlichen Fälle mehr als 10% aller zu entwässernden Grundstücke beträgt, wird man nicht mehr davon ausgehen können, dass sie im Wege der zulässigen Typisierung im Rahmen eines Wahrscheinlichkeitsmaßstabes unberücksichtigt bleiben oder als einzelne Härte­fälle einer individuellen Lösung unter Billigkeitsgesichts­punkten  zugeführt werden könnten. Vielmehr ist dann der Satzungsgeber aufgefordert, nach Regelungen zu suchen, die eine „annähernd gerechte Gebührenbelastung" der Nutzer der Abwas­seranlage zur Folge haben.

Die Erhebung einer Niederschlagswassergebühr neben einer Schmutzwassergebühr als Prob­lemlösung  bietet sich nach diesen Überlegungen an, wenn einige der oben aufgeführ­ten Problemfälle in einem Entsorgungsgebiet festzustellen sind. Denn nur so lassen sich alle Fall­gruppen einer einheitlichen Lösung zuführen, was dem auch im Abgabenrecht herr­schenden Gleichbehandlungsgrundsatz entspricht.

Maßstab für die Schmutzwassergebühr kann nach wie vor der Frischwasserverbrauch auf dem angeschlossenen Grundstück bleiben. Denn der Frischwasserverbrauch gibt einen deutlichen Hin­weis auf die vermutlich angefallene Schmutzwassermenge, denn Schmutz­wasser ist „das durch Gebrauch in seinen Eigenschaften veränderte Wasser" (§ 1 Abs.1 AbwAG) , also das ge­brauchte Frischwasser. Dabei spielt es keine Rolle, ob dieses Frischwasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage, aus Eigenversorgungs­anla­gen, aus Gewässern oder gar aus Regen­sammeleinrichtungen entnommen wird. Maß­geb­lich ist und bleibt die Tatsache, dass Wasser gebraucht und zu Schmutzwasser wird und deshalb als solches der Abwasseranlage zugeleitet werden muss. Das auf dem Grundstück zum Zwecke des Gebrauchs verwendete Wasser muss deshalb (mittels Wasserzähler) gemessen und der Gebührenbe­rechnung zugrunde­gelegt werden. Wenn und soweit auf einem Grundstück aus der öffentlichen Wasser­versorgungsanlage entnommene und dabei gemessene  Wassermengen nachweis­lich nicht zu Abwasser werden, sind sie bei der Gebührenbemessung wieder abzusetzen, wenn sie erheblich sind. Unzulässig wäre es, die Wassermengen bei der Bemessung der Schmutzwassergebühr unberücksichtigt zu lassen, die aus Regen­wasseranlagen zum Zwecke des Gebrauchs entnommen werden, z.B. zur Toilettenspülung oder in der Waschmaschine. Denn diese Wassermengen werden durch den Gebrauch zu Schmutzwasser, unterliegen der Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinde und der korrespondierenden Überlassungspflicht des Grundstückseigentümers und müssen kostenaufwendig in der Abwasseranlage behandelt und beseitigt werden. Das Argu­ment, durch eine Gebührenbefreiung würde der Einbau und der Betrieb von Regen­wassersammeleinrich­tungen gefördert werden, was wasserwirtschaftlich zu begrüßen wäre, ist ungeeignet, den Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zu rechtfertigen.

Die Niederschlagswassergebühr (im Folgenden NWG genannt) wird neben der Schmutzwasser­gebühr erhoben. Sie ermöglicht eine gezielte Berücksichtigung der unter­schied­lichen Entwässe­rungsverhältnisse auf den einzelnen Grundstücken im Einzugs­bereich einer Abwasseranlage in Bezug auf die Einleitung von Niederschlagswasser. Sie knüpft an die tatsächliche Einleitung von Niederschlagswasser in die öffentliche Abwasseranlage an mit der Folge, dass derjenige nicht gebührenpflichtig ist, der von seinem Grundstück Niederschlagswasser nicht in die öffentliche Abwasseranlage ein­leitet. Wer Niederschlagswasser auf seinem Grundstück sammelt, es auf dem Grundstück gebraucht und anschließend das gebrauchte Niederschlagswasser der Abwas­seranlage zu­leit­et, leitet Schmutzwasser und nicht mehr Niederschlagswasser ein. Für diese Schmutz­wassereinleitung sind Schmutzwassergebühren zu entrichten, eine NWG fällt nicht an. Das heißt, die Einführung einer NWG neben einer Schmutzwassergebühr begünstigt alle Grund­stücksei­gentümer, die auf ihr Grundstück gelangendes Regenwasser zurückhalten, auffangen und ver­werten.

Als Gebührenmaßstab für die Berechnung der NWG bietet sich die bebaute und künstlich befestigte Flä­che eines Grundstücks an, von der Niederschlagswasser der Abwasser­an­lage zugeführt wird (die versiegelte Fläche), die in der Regel an die Anlage angeschlossen ist. Denn die Größe dieser angeschlossenen Fläche bestimmt im Wesentlichen die Menge des Regenwassers, das in die öffentliche Anlage geleitet wird. Dies hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof wie folgt bestätigt:

„Mit der Erhebung getrennter Gebühren für die Ableitung von Schmutzwasser, berech­net nach dem Frischwasserverbrauch und für die Ableitung von Regenwasser, berech­net nach der bebauten und befestigten Quadratmeterfläche des Grundstücks, ermög­licht die Satzung von vorneherein eine wesentlich bessere Angleichung der Gebühren­höhe an die tatsächlichen Verhältnisse, als dies bei der Erhebung einer allein nach dem Frischwasserverbrauch bemessenen einheitlichen Gebühr für die Schmutz- und Regenwasserableitung der Fall wäre." (HessVGH, Beschluss v. 07.06.1985 – V N 3/82 - a.a.O.)

Auch ökologische Gründe sprechen dafür, den Maßstab der versiegelten Fläche für die Be­messung der NWG heranzuziehen, denn nur mit einem derartigen, die einzelnen Verhältnisse auf den Grundstücken berücksichtigenden Maßstab werden Anreize für den Grundstückseigentümer geschaffen, die Versiegelungsverhältnisse auf seinem Grundstück zu ändern. Die Entsiegelung von Flächen, die Versickerung von Niederschlagswasser, der Bau von Regenwassernutzungsanlagen und die Anlage begrünter Dächer wird durch die gebührenrechtliche Berücksichtigung der dadurch für die öffentliche Abwasseranlage eintretenden Entlastungen sicherlich nicht unwesentlich gefördert.

Die Förderung der Regenwassernutzung und -versickerung im Rahmen der Gebührenerhebung ist auch für begrünte Dächer zu gewähren, weil auch diese einen nicht zu unterschätzenden Vorteil bieten: Sie halten im Jahresmittel mindestens 50 Prozent des Niederschlagswassers zurück und geben den Rest erst dann in die Kanalisation, wenn im Regenwetterfall die Hauptwassermenge bereits abgelaufen ist. Dies bewirkt eine enorme Entlastung der kommunalen Kläranlage und des Abwassernetzes.

Wird eine vorgesehene Dachbegrünung schon in der Planung mit einer Niederschlagswasserverwertung kombiniert, also der Ablauf eines Gründaches in eine Zisterne geleitet, dann bleibt ohne Frage die gesamte Dachfläche gebührenfrei zur Niederschlagswassergebühr. Optimal wäre aus ökologischer Sicht die Nachschaltung einer Versickerung, die im Falle des Überlaufens der Zisterne das Überlaufwasser zur Versickerung bringt. Soweit von Einzelnen die Auffassung geäußert wurde, dass Niederschlagswasser von einem begrünten Dach nicht ohne weiteres im Haushalt genutzt werden könne, kann dem nicht gefolgt werden. Auch das von einem begrünten Dach ablaufende Niederschlagswasser kann vollständig genutzt werden, es dürfte wegen des Reinigungsvermögens der Pflanzen und Wurzeln letztlich sauberer sein als das von „normalen“ Dächern ablaufende Niederschlagswasser.

Soweit in einer Gemeinde, in der bereits die Niederschlagswassergebühr eingeführt ist, eine Dachbegrünung geplant wird, empfiehlt es sich, dass der Planer die Rückhaltefähigkeit des geplanten Gründachs ermittelt und dokumentiert. Denn dann kann bei der Gemeinde der Nachweis der Regenwasserrückhaltung geführt werden, der bei der Ermittlung der versiegelten und damit auch der gebührenpflichtigen Fläche berücksichtigt werden muss. Ist eine Niederschlagswassergebühr noch nicht eingeführt, kann bei der Bemessung der Abwassergebühr durchaus ein pauschaler Gebührenabschlag gewährt werden, zumindest aus sachlichen Billigkeitsgründen. Eine gute Planung mit dem Nachweis der Regenwasserrückhaltung kann so dem Bauherrn einige Gebührenvorteile bringen.

 

Fazit:

Sowohl Städte- und Landschaftsplaner, Architekten und Betriebe, Bauherren wie auch interessierte Bürger sind dazu aufgerufen, bei den örtlichen Politikern, die letztlich die Bebauungspläne und andere Satzungen beschließen darauf hinzuwirken, dass vermehrt von den gegebenen Möglichkeiten, die oben aufgezeigt sind, Gebrauch gemacht wird, damit die Anlegung begrünter Dächer mehr und mehr zum Standard wird. Die positiven Wirkungen begrünter Dächer auf das Landschaftsbild, das Kleinklima, den Wasserhaushalt, für das bedachte Gebäude selbst und letztlich auch für den Geldbeutel der Hauseigentümer sind bekannt, aber ohne eine Lenkung durch die öffentliche Hand wird leider nicht allzu viel in diesem Sinne zu erwarten sein.

07.01.2002