Urteil VG Koblenz
vom 30.03.2006
Az.: 7 K 634/05
Heranziehung
zu Abfallgebühren trotz der Behauptung des Grundstückseigentümers, auf seinem
Grundstück fallen keine überlassungspflichtige Abfälle an.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung
zur Zahlung von Abfallentsorgungsgebühren für das Jahr 2004.
Er bewohnt mit seiner 5-köpfigen Familie ein
Hausgrundstück. Der Kläger hat bereits gegen frühere Gebührenbescheide des
Beklagten eingewandt, dass in seinem Haushalt überlassungspflichtiger Abfall
lediglich in sehr geringem Umfang und seit 2000 gar nicht mehr angefallen sei.
Mit dieser Begründung erhob er zuletzt gegen
den Gebührenbescheid 2003 nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Klage. Er
machte dort zusätzlich geltend, dass bei ihm Kunststoffabfälle für
Wertstoffsammler gesammelt würden. Alles Kompostierbare werde kompostiert.
Besucher würden ihren Müll mitnehmen.
Mit Urteil vom 30. August 2004 wies die
erkennende Kammer die Klage ab. Der Beklagte habe den angefochtene Gebührenbescheid
auf § 1 Abs. 1, § 2 Abs. l, § 7 KAG i.V.m. § 5 LAbfWAG
und seine Abfallgebührensatzung in Verbindung mit seiner Abfallsatzung stützen
können. Das Grundstück des Klägers sei an die öffentliche Abfallentsorgung
angeschlossen und ihm stehe eine (Rest-)Abfalltonne tatsächlich zur Verfügung.
Darauf, dass der Kläger die Tonne nicht nutze, komme es nicht an; die Möglichkeit
der Befüllung reiche aus. Es bestehe eine Vermutung, dass bei bewohnten
Hausgrundstücken Beseitigungsabfälle nicht vollständig vermieden werden
könnten. Diese Vermutung habe der Kläger nicht zu erschüttern vermocht. Eine
etwaige Herabsetzung der Behälterkapazität sei mangels entsprechenden Antrags
nicht zu prüfen.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen
dieses Urteil wurde vom OVG Rheinland-Pfalz mit Beschluss vom 5. Januar 2005
zurückgewiesen. Der Kläger habe es nicht vermocht, den Erfahrungssatz zu
erschüttern, nach dem auf einem bewohnten Grundstück regelmäßig Abfälle
entstünden.
Die anschließende Beschwerde zum
Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz wurde als unzulässig zurückgewiesen.
Bereits am 13. April 2004 hatte der Beklagte
den Kläger mit dem nun streitgegenständlichen Bescheid auf Zahlung von
Abfallentsorgungsgebühren für das Jahr 2004 in Höhe von 181 ,56 in Anspruch
genommen. Davon entfallen insgesamt 84,52 auf die Grundgebühren und 97,04 auf
die Behältergebühren.
Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom
20. September 2004 Widerspruch, den der Rechtsausschuss des Beklagten nach
Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit Bescheid vom 8. März
2005 zurückwies.
Die einen Monat später bei Gericht
eingegangene Klage begründet der Kläger wie folgt: Er müsse weder die
bereitgestellte Restmülltonne dulden noch sei er gemäß der Abfallgebührensatzung
des Beklagten zur Zahlung von Abfallentsorgungsgebühren verpflichtet. Seine
Heranziehung entspreche nicht der Abfallsatzung des Beklagten, da auf seinem
Grundstück im Rahmen der privaten Lebensführung keine relevanten Abfälle
anfielen, bzw. einer ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung zugeführt
würden. Es sei spekulativ, auf zufällig auf sein Grundstück gelangten Müll
abzustellen, der zudem nicht im Rahmen der Lebensführung angefallen sei. Das
Grundstück unterliege daher nicht dem Anschlusszwang; zumindest sei er nach § 8
der Abfallsatzung von der Überlassung von Abfällen befreit. Es bestehe
allenfalls eine widerlegliche Vermutung dafür, dass auf bewohnten
Hausgrundstücken Beseitigungsabfall entstehe. Diese Vermutung dürfe der
Beklagte seinem Abfallvermeidungs- und -verwertungskonzept nicht ohne Prüfung
entgegenhalten. Das Konzept müsse auch im gerichtlichen Verfahren geprüft
werden. Es sei nicht seine Aufgabe, die Zuverlässigkeit der von ihm
beauftragten Verwerter nachzuweisen. Zudem habe der Beklagte ihm nicht
mitgeteilt, welcher Art solche Nachweise sein sollten. Da seine Mülltonne seit
drei Jahren leer geblieben sei, hätte der Beklagte eine Reduzierung der
Mülltonnengröße bzw. der Gebühren prüfen müssen. § 5 der Abfallgebührensatzung
sei rechtswidrig, da dort neben der pauschalen Grundgebühr eine weitere
Grundgebühr nach Behältergröße gefordert werde.
Ergänzend legte der Kläger sein
Abfallvermeidungs- und -verwertungskonzept vor (BI. 61 ff. der Gerichtsakte).
Er schildert dort, wie er mit Abfall verfährt. Bestimmte Gegenstände werden
danach an Wertstoffhändler und -sammler abgegeben, andere, etwa
Kunststoffteile, der "stofflichen Verwertung" zugeführt.
Der Kläger beantragt,
1. den Gebührenbescheid des Beklagten vom
13. April 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. März 2005
aufzuheben;
2. festzustellen, dass er nicht dem
Anschlusszwang gemäß § 7 Abs. 1 der Abfallsatzung des Beklagten unterliegt;
hilfsweise
3. festzustellen, dass er nicht zur
Überlassung von Beseitigungsabfällen gemäß § 8 der Abfallsatzung des Beklagten verpflichtet
ist.
Der Beklagte beantragt Klageabweisung.
Er trägt vor, dass die Gebührenschuld
entstanden und der Kläger verpflichtet sei, sein Grundstück an die
Abfallentsorgung anzuschließen. Der Kläger betreibe keine Verwertung im
Rechtssinne und habe keinen Nachweis über die ordnungsgemäße Entsorgung,
insbesondere mittels gewerblicher Sammler geführt.
Hinsichtlich des sonstigen Sach- und
Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses und des Verfahrens 7 K
543/04.KO, sowie auf die Verwaltungs- und Widerspruchsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage bleibt insgesamt ohne Erfolg.
Der Antrag zu 1 ist unbegründet (I.), die
übrigen Anträge sind unzulässig (II.).
I.
Der Antrag auf Aufhebung des Abfallgebührenbescheids vom 13. April 2004 hat keinen
Erfolg. Dieser erweist sich samt Widerspruchsbescheid als rechtmäßig und
verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 der
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Insbesondere ist der Bescheid - auch
seiner Höhe nach - weder abfall- noch gebührenrechtlich zu beanstanden.
Seine Rechtgrundlage findet der
Gebührenbescheid in § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 und § 7 des rheinland-pfälzischen
Kommunalabgabengesetzes (KAG) in Verbindung mit § 5 des
Landesabfallwirtschafts- und Altlastengesetzes (LAbfWAG)
sowie in der Abfallgebührensatzung des Beklagten (AbfGS)
in Verbindung mit dessen Abfallsatzung (AbfS). Danach ist es frei von Bedenken,
dass der Kläger zur Zahlung von Abfallentsorgungsgebühren in Anspruch genommen
wurde. Als Grundstückseigentümer ist er nach § 3 Abs. 3 Satz 1 AbfGS Gebührenschuldner. Die übrigen Voraussetzungen für
die Entstehung der Gebührenschuld sind gleichfalls gegeben: Das klägerische
Hausgrundstück ist an die öffentliche Abfallentsorgung angeschlossen (§ 2 Abs.
1 AbfGS, § 7 Abs. 1 AbfS) und es steht eine
(Rest-)Abfalltonne zur Verfügung; Ausnahmeregelungen zu Gunsten des Klägers
greifen nicht. All dies wurde bereits im Urteil vom 30. August 2004 im
vorherigen Verfahren (7 K 543/04.KO) bezüglich des Gebührenbescheids 2003 dargelegt.
Die dortigen Ausführungen können auf den Gebührenbescheid 2004 übertragen
werden; dem stehen die Einwände des Klägers nicht entgegen.
1. Zunächst kann der Kläger auch im jetzigen Verfahren keine rechtlichen
Vorteile daraus ziehen, dass er die ihm zur Verfügung gestellte Restmülltonne
nicht nutzt. Wie bereits im vorstehend zitierten Urteil festgestellt wurde,
kommt es lediglich darauf an, dass der Bürger die Möglichkeit hat, eine
bereitgestellte Tonne zu nutzen. Demgegenüber ist deren Nichtnutzung irrelevant
(vgl. auch BVerwG, Urteil vom 1. Dezember 2005- 10 C 4.04 -).
2. Weiterhin zutreffend ist auch die Feststellung, dass das klägerische
Grundstück an die Abfallentsorgung des Beklagten anzuschließen ist, weil dort
beseitigungspflichtige Abfälle im Sinne des § 13 Abs. 1 des
Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes (KrW-/AbfG) anfallen; gemäß § 14 Abs.
1 KrW-/AbfG hat der Kläger daher auch die Restmülltonne zu dulden. Im
vorherigen Verfahren haben die Kammer und das OVG Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss
vom 5. Januar 2005 dabei maßgeblich darauf abgestellt, dass nach allgemeiner
Lebenserfahrung auf einem bewohnten Hausgrundstück regelmäßig Abfälle anfallen,
die der Überlassungs- und Beseitigungspflicht unterliegen. Diese Vermutung hat
der Kläger im vorigen Verfahren nicht zu entkräften vermocht, er kann es jetzt
ebenfalls nicht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher zunächst auf jene
Entscheidungen verwiesen.
Die Vermutung, dass auf seinem
Hausgrundstück Beseitigungsabfälle entstehen, kann der Kläger vor allem nicht
mittels seines Abfallvermeidungs- und -verwertungs-konzeptes
widerlegen. Auf den Rechtscharakter dieser Vermutung kommt es dabei nicht an.
Denn gleich, ob man sie als regelmäßig nicht widerlegbar (so der Bayerische
VGH, Urteil vom 8. März 1995- 4 B 93.3830 -) oder als widerleglich ansieht (so
das BVerwG, Urteil vom 17. Februar 2005 - 7 C 25/03 -), das Konzept ist bereits
ungeeignet, in tatsächlicher Hinsicht zu belegen, dass auf dem bewussten
Grundstück kein beseitigungspflichtiger Abfall entsteht.
Zunächst räumt das Konzept ein, dass auf dem
Grundstück Abfall anfällt. Der Kläger versucht sodann darzulegen, dass er eine
Vielzahl von Abfallteilen entweder selbst verwerten kann oder gereinigt und
sortenrein an gewerbliche Wertstoffsammler und -händler abgibt. Der Kläger
verkennt dabei jedoch, dass es weniger darauf ankommt, was er mit einzelnen
Abfallfraktionen tut, als darauf, dass tatsächlich Abfall - und damit
potentieller Beseitigungsabfall - auf dem Grundstück anfällt. Entscheidend ist
mit anderen Worten in diesem Zusammenhang, dass das Grundstück des Klägers
abfallrechtlich nicht autark ist, da auf Grund der Eingliederung des
Grundstücks in den Bebauungszusammenhang und der Einbindung seiner Bewohner in
das soziale Gefüge anzunehmen ist, dass Abfall auf das Grundstück des Klägers
gelangt, gleich ob dies durch Zufall, Besucher oder auf sonstige Weise
geschieht. Ist der Abfall aber dorthin gelangt, ist nicht auszuschließen, dass
es sich insoweit um beseitigungspflichtigen Abfall handelt, hinsichtlich dessen
der Kläger überlassungspflichtig ist. Dabei ist, wie das OVG Rheinland-Pfalz in
seinem Beschluss vom 5. Januar 2005 zu Recht festgestellt hat, auf den
Besitzbegriff des Abfallrechts abzustellen. Ebenfalls zutreffend hat das OVG auch
den Einwand, Besucher würden ihren Abfall auf Bitte des Klägers wieder
mitnehmen, als rechtlich unerheblich zurückgewiesen mit der Folge, dass es
diesbezüglich bei der gesetzlichen Überlassungspflicht des Klägers verbleibt.
In tatsächlicher Hinsicht zeigt sich gerade an dieser Stelle die Schwäche des
klägerischen Konzeptes. Es bleibt nämlich ungeklärt, was denn mit
Beseitigungsabfall geschieht, wenn die Besucher sich weigern, diesen
mitzunehmen. Ebenfalls nicht stichhaltig ist der Einwand des Klägers, zufällig
auf sein Grundstück gelangender Abfall sei keiner aus privaten Haushaltungen,
weshalb er nicht der Regelung über den Anschlusszwang unterfalle. Tatsächlich
verknüpft § 7 Abs. 1 AbfS den Anschlusszwang mit dem Anfall von Haushaltsmüll.
Allerdings erstreckt Absatz 2 dieser Vorschrift den Anschlusszwang auch auf
Abfälle aus anderen Herkunftsbereichen, mithin auch auf zufällig auf die
Grundstücke gelangenden Abfall.
3. Das Abfallvermeidungs- und -verwertungskonzept des Klägers ist aber
insbesondere aus rechtlichen Gründen ungeeignet, die Voraussetzungen des
Anschlusszwangs zu widerlegen oder zu belegen, dass eine Ausnahme von der
Überlassungspflicht im Sinne von § 8 AbfS bzw. nach § 13 Abs. 1 Satz 1 letzter
Nebensatz KrW-/AbfG vorliegt. Denn bisher fehlt es an jeglichem Nachweis dafür,
dass der auf dem Grundstück des Klägers entstehende Abfall einer den
gesetzlichen Anforderungen genügenden Eigen- oder Fremdverwertung zugeführt
wird.
Dabei wird zu Gunsten des Klägers
unterstellt, dass sich Privatpersonen ihrer nach § 13 Abs. 1 Satz 1
KrW-/AbfG bestehenden Überlassungspflicht auch dadurch entledigen können, dass
sie ihren Abfall an Dritte zur Verwertung übergeben (vgl. § 13 Abs. 3 Satz
1 Nr. 3 KrW-/AbfG). Die Kammer verhehlt aber nicht, dass aus ihrer Sicht gewichtige
Gründe dafür sprechen, dass die Überlassungspflicht Privater grundsätzlich nur
durch Eigenverwertung eingeschränkt werden kann (vgl. OVG Sachsen, Beschluss
vom 6. Januar 2005- 4 BS 116/04 -; ähnlich VGH Baden-Württemberg, Urteil vom
21. Juli 1998 -10 S 2614/97 -). Für diese Sichtweise spricht neben dem Wortlaut
des § 13 Abs. 1 Satz 1 KrW-/AbfG, der mit der Verwendung des Wortes
"sie" auf die Eigenverwertung abzielt, auch die Gesetzesbegründung,
die gleichfalls die Eigenverwertung im Blick hat (vgl. Buchstabe b der
Einzelbegründung zu § 13 im Bericht des BT -Ausschusses für Umwelt, Naturschutz
und Reaktorsicherheit vom 14. April 1994, BT -Drs. 12/7284, S. 17).
Jedenfalls hat der Kläger aber weder für die
behauptete Eigen- noch für eine Fremdverwertung Nachweise erbracht. Diese sind
jedoch erforderlich, um den der abfallwirtschaftlichen Verantwortung
entspringenden Vorrang der Verwertung sicherzustellen (vgl. BVerwG, Urteile vom
1. Dezember und 17. Februar 2005, a.a.O.) und auszuschließen, dass unzulässige
Scheinverwertungen erfolgen (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 13. Mai 2004- 20
B 02.2480 -).
a) Der Kläger hat zunächst nicht nachgewiesen, dass er anfallenden Müll selbst
ordnungsgemäß und schadlos verwerten kann, um so über § 8 AbfS bzw. § 13 Abs. 1
Satz 1 letzter Nebensatz KrW-/AbfG zu einer Ausnahme von der
Abfallüberlassungspflicht zu gelangen. Was dabei unter ordnungsgemäßer und
schadloser Verwertung zu verstehen ist, folgt aus § 3 Abs. 2 KrW-/AbfG in
Verbindung mit Anhang II B des Gesetzes. Die Verwertung hat danach so zu
erfolgen, dass die menschliche Gesundheit nicht gefährdet und keine Verfahren
oder Methoden verwendet werden, welche die Umwelt schädigen können.
Eine in diesem Sinne schadlose
Eigenverwertung hat der Klägers bis dato nicht belegt. Sein Vorbringen
erschöpft sich in der Darlegung, dass er bestimmte Abfalltranchen vermeidet,
indem er etwa naturbelassene oder recyclebare Produkte einkauft, und andere
Abfallfraktionen' einer bestimmten Behandlung zuführt. Zunächst fehlen Belege
dafür, dass im Haushalt des Klägers tatsächlich Produkte der beschriebenen Art
verwendet werden. Es fehlen aber vor allem Nachweise dazu, dass alle vom Kläger
angewandten Methoden objektiv, also wissenschaftlich nachvollziehbar, für eine
schadlose Verwertung sorgen (vgl. dazu Weidemann in Jarass/Ruchay/Weidemann, KrW-/AbfG-Komm., Stand: 08.2005, § 13 Rdnr. 65). Insoweit ist zu
beachten, dass der durchschnittliche Haushalt in der Regel mit einer schadlosen
Entsorgung der weitaus meisten Abfallfraktionen überfordert sein dürfte (vgl.
OVG Sachsen, a.a.O.). Davon ging ausweislich der bereits zitierten Begründung
auch der Gesetzgeber aus, der dort lediglich einzelne Verwertungsarten
(Kompostierung, Altkleidersammlung) erwähnt. Dem Kläger ist zwar zuzugestehen,
dass er sich intensiv mit der Abfallproblematik auseinandersetzt. Weiter ist
anzuerkennen, dass der Kläger und seine Familie mit ihrem Konzept nachhaltig
versuchen, Abfall möglichst zu vermeiden und auch den Abfall zu verwerten, der
in durchschnittlichen Haushalten beseitigt würde. Gleichwohl ist bis dato nicht
dargetan, dass die jeweils angewandten Methoden (Verrottung, Kompostierung,
Trennung in Fraktionen) funktionieren und dies umweltverträglich geschieht. Dem
steht nicht entgegen, dass der Kläger in einzelnen Fällen (z.B.
Zigarettenkippen) eine konkrete Verwertungsmöglichkeit aufzeigt. Denn es fehlt
an objektivierbaren Nachweisen, dass bei diesen Methoden keine Schadstoffe
freigesetzt werden. Mit anderen Worten kann das Gericht nicht davon ausgehen,
dass der Abfall, der auf dem Grundstück des Klägers entsteht oder dorthin
gelangt, nicht lediglich zu Verwertungsabfall "umdeklariert" und
letztlich doch beseitigt wird, sondern tatsächlich entsprechend den
gesetzlichen Anforderungen verwertet wird.
Das Gericht darf nur auf der Grundlage der
klägerischen Behauptungen eine solche Verwertung weder unterstellen, noch
braucht es diesen Gesichtspunkt von Amts wegen aufzuklären. Denn den Kläger
trifft insoweit auf Grund der in § 3 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG enthaltenen Definition
von Beseitigungsabfall als nicht verwerteter Abfall die Nachweis- und die
Beweislast hinsichtlich der Verwertung (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom 13.
Mai 2004, a.a.O.). Mit einer Beweisaufnahme zu den behaupteten Verwertungsmöglichkeiten
würde das Gericht die gesetzliche Beweislastregel umkehren.
b) Ebenfalls trotz entsprechender Nachweispflicht bisher nicht belegt ist,
dass die vom Kläger in Anspruch genommenen Sammler bzw. Verwerter die
überlassenen Gegenstände ordnungsgemäß verwerten. Vorab sei angemerkt, dass der
Kläger Abfall zur Beseitigung ohnehin nicht an Dritte abgeben dürfte. Bei
Beseitigungsmüll bleibt es bei der Überlassungspflicht aus § 13 Abs. 1 Satz 1
KrW-/AbfG. Die dortigen Ausnahmen beziehen sich bezüglich Hausmüll
ausschließlich auf die Abgabe zur Verwertung. Da der Kläger einen Teil seines
Abfalls Dritten überlässt, hat er entsprechend seiner abfallwirtschaftlichen
Verantwortung nachzuweisen, dass ein ordnungemäßer Verwertungsweg
sichergestellt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. Dezember 2005, a.a.O.). Er muss
insbesondere auch belegen, dass das in Anspruch genommene Unternehmen bzw. die
beauftragte Privatperson technisch und betrieblich in der Lage ist, die
betreffende Fraktion des Hausmülls ordnungsgemäß und schadlos zu verwerten
(vgl. Weidemann, a.a.O., § 13 Rdnr. 69). Der Kläger hat aber bisher weder die
Namen der Wertstoffsammler und -händler angegeben noch deren
Verwertungsmethoden aufgezeigt.
Soweit der Kläger meint, dass die Erbringung
solcher Nachweise nicht seine Aufgabe sei, verkennt er die Tragweite der
Legaldefinition von Beseitigungsabfall in § 3 Abs. 1 Satz 2 KrW-/AbfG.
Überlässt ein Abfallbesitzer eine Abfallfraktion, ohne dass ein konkreter
Verwertungsweg sichergestellt ist, bleibt offen, ob der Abfall tatsächlich
verwertet oder doch beseitigt wird. Daher ist die Verwertung nicht
sichergestellt, mit der Folge, dass es sich bei diesem Abfall auch um
Beseitigungsabfall handeln kann. Die gegenteilige Behauptung, dass es sich also
nicht um Beseitigungsabfall handelt, hat derjenige zu beweisen, der sich darauf
bezieht (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Februar 2005, a.a.O.), hier also der
Kläger.
Der Einwand, dass der Beklagte die Art der
zu erbringenden Nachweise nicht konkretisiert habe, greift gleichfalls nicht
durch. Insoweit wird verkannt, dass es sich bei § 8 AbfS um eine im Bereich des
Beklagten generell gültige Vorschrift, handelt, die auf eine Vielzahl von
Fallgestaltungen Anwendung findet. Es hieße die Anforderungen an solche
Regelungen überdehnen, wollte man für jede Fallgestaltung eine Konkretisierung
fordern. Vielmehr wäre es an dem Kläger gewesen, in seinem speziellen Fall
stichhaltige Belege zu Identität und Verwertungsmöglichkeiten der
Wertstoffsammler vorzulegen. Danach hätte der Beklagte zu prüfen, ob diese
Belege genügen, bzw. weitergehende Nachweise zu fordern.
4. Der angegriffene Bescheid ist auch gebührenrechtlich nicht zu
beanstanden. In diesem Zusammenhang kommt es, was ebenfalls bereits in den
Gerichtsentscheidungen im vorherigen Verfahren zutreffend dargelegt wurde,
nicht darauf an, ob die bereitgestellte Tonne tatsächlich entleert wird. Nicht
zu beanstanden ist auch, dass der Beklagte in § 5 AbfGS
zwischen Grund- und Leistungsgebühren differenziert. Die grundsätzliche
Zulässigkeit einer solchen Aufspaltung ist höchstrichterlich anerkannt (vgl.
BVerwG, Urteil vom 1. Dezember 2005.. a.a.O.). Der Umstand, dass der Beklagte
die Grundgebühr nochmals aufgeteilt hat und teilweise anhand der Tonnengröße,
also nach dem potentiellen Abfallaufkommen bemisst, ist unbedenklich. Diese
Trennung hält sich im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessenspielraums und
trägt dem im Gebührenrecht zu beachtenden Äquivalenzprinzip Rechnung, da die
Gebühren insgesamt so enger am tatsächlichen Abfallaufkommen ausgerichtet
werden.
Schließlich ist der angegriffene Bescheid
auch hinsichtlich der Höhe der Abfallbeseitigungsgebühr nicht zu beanstanden.
Sie ergibt sich aus § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2 und Abs. 2 AbfGS.
Dabei hatte die Kammer nicht zu prüfen, ob dem Kläger ein kleineres
Abfallbehältnis hätte zur Verfügung gestellt werden müssen, mit der Folge, dass
die Abfallgebühren zu reduzieren wären (§ 8 bzw. § 13 Abs. 2 AbfS). Denn einen
entsprechenden Antrag hat der Kläger bisher nicht gestellt. Die Kammer bleibt
bei ihrem schon im Urteil vom 30. August 2004 vertretenen Ansatz, dass eine
Reduzierung des Abfallbehältnisses erst auf entsprechenden Antrag hin zu prüfen
ist. Ergänzt sei, dass dieses Antragserfordernis bereits aus der Pflicht zum
Nachweis des Nichtanfalls von (Beseitigungs-)Abfall resultiert. Mangels
entsprechenden Antrags samt Nachweis darf sich der Beklagte weiterhin an den
Maßstäben für durchschnittliche Haushalte orientieren.
5. Die Kammer nimmt abschließend das bereits anhängige und die
Abfallbeseitigungsgebühren für das Jahr 2005 betreffende Verfahren 7 K
339/06.KO zum Anlass, zur weiteren rechtlichen Behandlung der durch das Bemühen
um sachgerechten Umgang mit Abfall geprägten Situation des Klägers auf
Folgendes hinzuweisen: Sofern der Kläger einen Antrag auf eine kleinere
Abfalltonne stellt und geeignete Nachweise dafür erbringt, dass er an sich zu
beseitigenden Abfall vermeidet bzw. ordnungsgemäß und schadlos verwertet,
spricht vieles dafür, dass seinem Antrag zu entsprechen sein wird. Dabei dürfen
die Anforderungen an die Nachweise nicht überspannt werden. Es genügt, wenn der
Beklagte im Stande ist, die behaupteten Vermeidungs- und Verwertungsmethoden zu
verifizieren. Höhere Anforderungen sind allerdings dann zu stellen, wenn der
Kläger geltend machen sollte, dass auf seinem Grundstück entgegen der
Lebenserfahrung überhaupt kein (Beseitigungs-)Abfall anfällt. Für diese
Behauptung ist der volle Beweis zu erbringen (vgl. Bayerischer VGH, Urteil vom
13. Mai 2004, a.a.O.), was ohne Sachverständigengutachten schwerlich
vorstellbar ist.
II.
Die beiden übrigen Anträge sind als Feststellungsanträge gegenüber dem ersten
Hauptantrag subsidiär und somit gemäß § 43 Abs. 2 VwGO unzulässig.
Bei der Bewertung des ersten Antrags wurden
die mit den Feststellungsanträgen zur Prüfung gestellten Rechtsfragen
(Anschlusszwang und Überlassungspflicht) mitgeprüft, so dass für eine separate
Feststellung des Nichtbestehens der darauf fußenden Rechtsverhältnisse kein
Raum bleibt. Dies gilt auch, falls die beiden Anträge in die Zukunft gerichtet
sein sollten. Beide Rechtsfragen werden auch bei der Überprüfung künftiger
Gebührenbescheide mitbewertet werden müssen.
Hinweise:
„(6)
Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger regeln durch Satzung den Anschluss
der Grundstücke an die Sammelsysteme, Einrichtungen und Anlagen zur Abfallentsorgung
und deren Benutzung. Sie regeln ferner durch Satzung, unter welchen
Voraussetzungen, in welcher Weise, an welchem Ort und zu welcher Zeit ihnen die
Abfälle zu überlassen sind. Dabei kann ein Mindestbehältervolumen oder eine
Mindestanzahl von Einsammlungen festgelegt werden.“