Hessischer
Verwaltungsgerichtshof
Beschluss vom 31.01.1991
Az.: 5 N 1388/88
Tatbestand
Der
Antragsteller ist Eigentümer des Hausgrundstückes ... H ... im Stadtgebiet der
Antragsgegnerin. Für das Grundstück sind derzeit vier Personen gemeldet. Die
auf dem Grundstück anfallenden Abfälle werden von der Antragsgegnerin auf der
Grundlage ihrer in der O.-Presse
veröffentlichten Satzung über die geordnete Beseitigung von Abfällen der A-stadt vom 9.
Dezember 1982 - AbfS -, zuletzt geändert durch den III. Nachtrag vom 2.
Dezember 1987, entsorgt.
Bezüglich des
an den Antragsteller gerichteten Bescheides über Grundsteuer und
Benutzungsgebühren vom 19. April 1983 war hinsichtlich der festgesetzten Müllabfuhrgebühren
ein Verwaltungsrechtsstreit anhängig (VG Kassel, Urteil vom 29. Mai 1984), der
im Berufungsverfahren - 5 UE 2072/84 - durch Senatsbeschluss vom 9. Oktober
1985 zum Ruhen gebracht worden ist. Der Antragsteller erhob außerdem gegen den
entsprechenden Bescheid vom 29. Januar 1985 mit Schreiben vom 25. Februar 1985
Widerspruch unter Bezugnahme auf das vorgenannte Verwaltungsstreitverfahren.
Über diesen Widerspruch ist bisher nicht entschieden. Die nachfolgenden an den
Antragsteller gerichteten Bescheide über Grundsteuer und Benutzungsgebühren vom
29. April 1986, 20. Januar 1987 und 4. Januar 1988 - die Antragsgegnerin erlässt
Abgabenbescheide nur im Änderungsfalle - sind bestandskräftig. Auf Grund des
vom Antragsteller erteilten Abbuchungsauftrages sind alle bisherigen Abgabenforderungen
der Antragsgegnerin erfüllt. Dem Bescheid vom 4. Januar 1988 liegt eine
Müllgebührenberechnung für einen 3-Personen-Haushalt zugrunde.
Mit seinem
Normenkontrollantrag vom 23. März 1988 wendet sich der Antragsteller gegen die
genannte Abfallsatzung der Antragsgegnerin in der Fassung des III. Nachtrags.
Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor, er habe einen Anspruch darauf, dass
der Abfall von der Antragsgegnerin entsprechend den gesetzlichen Vorschriften
entsorgt werde. Sie sei gemäß den §§ 2 und 3 Hessisches Abfallgesetz
i.d.F. von 1985 verpflichtet, Abfälle nach verwertbaren und zu beseitigenden
Stoffen getrennt einzusammeln, entsprechende Sammelsysteme anzubieten und bei
der Bemessung der Abgaben für die Müllbeseitigung Anreize zur Vermeidung und
stofflichen Verwertung von Abfällen zu schaffen. Diesen Verpflichtungen sei die
Antragsgegnerin in ihrer Satzungsänderung vom 2. Dezember 1987 nicht
nachgekommen. Die Satzung regele an keiner Stelle die Getrennteinsammlung
wiederverwertbarer Stoffe, wie z.B. Altmetall. § 10
Ziffer 3 AbfS sehe lediglich die unzulässige Ermächtigung vor, dass der
Magistrat der Antragsgegnerin eine entsprechende Bestimmung treffe; dies sei
aber noch nicht geschehen. Derzeit werde nur das Altpapier getrennt eingesammelt.
Insbesondere Altmetall und organische Abfälle würden mit dem sonstigen Hausmüll
entsorgt. Die Getrennteinsammlung sei nur insgesamt oder gar nicht möglich, d.h. die Getrennteinsammlung nur von Papier sei
rechtswidrig. Außerdem erfolge die Gebührenabrechnung gemäß § 17 Ziffer 1
AbfS nach dem sogenannten Einwohnergleichwert. Dies verstoße gegen § 2 Abs. 9
Hessisches Abfallgesetz i.d.F. von 1985, denn ein Anreiz zur Müllvermeidung sei
bei dieser Gebührenregelung nicht gegeben. Das Gesetz verlange, dass sich die
Gebühr nach der Abfallmenge bemesse. Die Erfahrung zeige, dass sich das
Müllaufkommen z.B. bei einem Plakettensystem reduziere.
Auf der anderen Seite sei es systemwidrig und mit der - rechtswidrigen - personenbezogenen
Gebührenberechnung nicht zu vereinbaren, wenn in § 18 Ziffer 3 der Satzung
auf die Müllmenge abgestellt werde und für Müllsäcke sowie die Anlieferung
weiteren Hausmülls an der Müllumladestation zusätzlich Gebühren erhoben würden.
Schließlich sei es fehlerhaft, dass gemäß § 18 Ziffer 1 AbfS die Mindestgebühr
für jedes angeschlossene Grundstück auch dann 138,-- DM betrage, falls nur eine
Person das Grundstück bewohne; die Jahresgebühr pro Einwohner belaufe sich
nämlich nur auf 69,- DM.
Der
Antragsteller ist deshalb der Ansicht, die Rechtswidrigkeit der Vorschriften über
die Getrennteinsammlung und Gebührenberechnung führte zur Ungültigkeit der gesamten
Satzung. Prüfungsgegenstand sei demnach die gesamte Satzung, ohne dass es dabei
auf seine, des Antragstellers, Rechte ankomme. Er habe durch die Satzung jedoch
auch tatsächlich Nachteile. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf § 3
(Ausgeschlossene Abfälle), § 4 (Anschluss- und Benutzungszwang), § 7
(Melde- und Auskunftspflicht), § 12 (Standplatz Abfallbeseitigung), § 14
(Sperrmüll), § 16 (Gebührenpflicht), § 18 (Benutzungsgebühr), § 20
(Haftung), § 21 (Ordnungswidrigkeiten, Zwangsmittel). Nachteilig seien
aber auch die in § 10 Ziffer 3 und Ziffer 4 AbfS getroffenen Bestimmungen
über die Getrennt- bzw. Nichtgetrennteinsammlung der Abfälle, denn er habe
nicht nur einen Anspruch darauf, dass Müll eingesammelt werde, sondern auch
darauf, dass er in der vom Gesetz vorgesehenen Art und Weise beseitigt werde.
Der Antrag müsse deshalb auch dann Erfolg haben, wenn nach dem Gesetz eine
andere - an sich für ihn noch nachteiligere - Satzungsregelung geboten sei.
Denn die Frage des Nachteils hänge nicht von seiner Rechtsauffassung ab,
sondern sei allgemein zu bestimmen.
Der
Antragsteller beantragt,
die §§ 3,
4, 7, 10, 12, 14, 16, 18, 20 und 21 der Satzung über die geordnete Beseitigung
von Abfällen in der Stadt A vom 9. Dezember 1982 i.d.F. des III. Nachtrags vom
2. Dezember 1987 für ungültig zu erklären, hilfsweise festzustellen, dass die
genannte Satzung der Antragsgegnerin (insgesamt) ungültig ist.
Die
Antragsgegnerin beantragt,
den
Normenkontrollantrag zurückzuweisen.
Sie ist der
Ansicht, ein Normenkontrollverfahren sei keine Popularklage. Deshalb müssten
die vom Antragsteller angegriffenen Satzungsbestimmungen jeweils einzeln darauf
untersucht werden, ob sie sich für den Antragsteller nachteilig auswirkten. Nur
insoweit sei der Normenkontrollantrag überhaupt zulässig. Hinsichtlich des § 10
AbfS sei dies nicht der Fall. Denn die einschlägigen Gesetzesvorschriften
hätten nur allgemeinschützenden Charakter. Es sei nicht erkennbar, inwieweit
der Antragsteller durch eine weiterreichende Satzungsvorschrift über das
getrennte Einsammeln von Abfall einen Vorteil haben würde. Dies habe der Senat
bereits im Normenkontroll-Eilverfahren zum Ausdruck gebracht. Bezüglich der
übrigen vom Antragsteller angegriffenen Vorschriften sei nicht ersichtlich,
weshalb sie ungültig sein könnten. Die §§ 3, 4, 7, 12, 14, 20 und 21 AbfS
stünden in keinem Zusammenhang mit den vom Antragsteller angeführten
Rechtswidrigkeitsgründen. Sie verstießen auch nicht gegen das Hessische Abfallgesetz.
Gleiches gelte für die angegriffenen Gebührenregelungen in den §§ 16 und
18 der Satzung. Die Gebührenkalkulation der Müllabfuhr erfolge nach dem Kostendeckungsprinzip.
§ 2 Abs. 9 Satz 2 Hessisches Abfallgesetz i.d.F. von 1985 bestimme, dass
bei der Bemessung der Abgaben Anreize zur Vermeidung und stofflichen Verwertung
von Abfällen zu schaffen seien und nenne in diesem Zusammenhang als eine
Möglichkeit hierzu eine lineare Gebührenstaffelung im Verhältnis zum
vorgehaltenen Behältervolumen für nicht verwertbare Abfälle. Dies bedeute, wie
der Senat entschieden habe, dass die Gemeinde keinen Mengenrabatt für nicht
verwertbaren Müll geben, d.h. keine degressive
Gebührenstaffelung vorsehen dürfe. Dies sei hier auch nicht geschehen. Bei der
gesetzlichen Regelung handele es sich zudem um eine Sollvorschrift, die in
erster Linie darauf abziele, dass durch die Gebührenbemessung ein Anreiz zur
Müllvermeidung und stofflichen Verwertung der Abfälle geschaffen werde. Nur in
diesem Rahmen und zu diesem Zweck solle eine Staffelung nach dem Gefäßvolumen
erfolgen. Eine Bemessung nach dem jeweils konkret in Anspruch genommenen
Behältervolumen, die der Antragsteller offenbar für notwendig halte, würde aber
mit großer Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass Abfall in anderen Müllgefäßen, z.B. Mülltonnen der Nachbarn, Papiertonnen, öffentlichen
Papierkörben, oder wild in der Landschaft abgelagert werde, um Gebühren zu
sparen. Auch dieser Abfall wäre dann nicht mehr verwertbar. Der Landesgesetzgeber
habe inzwischen die missverständliche und unpraktikable Regelung des § 2 Abs. 9
Hessisches Abfallgesetz i.d.F. von 1985 aufgehoben. In § 2 Abs. 2 der
Neufassung von 1989 werde für die Gebührenbemessung nur noch auf das Kommunalabgabengesetz
verwiesen. Dort sei für die Gebührenbemessung der Rückgriff auf Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe
anerkannt.
Die
Antragsgegnerin ist weiter der Auffassung, die getrennte Sammlung und Verwertung
von Abfällen dürfe nur insoweit verlangt werden, als dies technisch möglich und
wirtschaftlich zumutbar sei. Im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren werde davon
in M Gebrauch gemacht. Sie, die Antragsgegnerin, unterliege dem Anschluss- und
Benutzungszwang für die Abfallbeseitigung des Landkreises M Da dem Landkreis
keine Abfalldeponie zur Verfügung stehe, werde der anfallende Hausmüll über
eine Müllumladestation zu anderen Deponien verbracht. Vom Hausmüll getrennt
würden Altpapier, Altglas, Altbatterien, Sperrmüll, Sondermüll, z.T. auch
kompostierbare Abfälle etc. eingesammelt und verwertet bzw. entsorgt. Eine über
diese bereits bestehenden Möglichkeiten hinausgehende, getrennte Abfalleinsammlung
und -verwertung lasse sich derzeit nicht realisieren. Im einzelnen würden
folgende besonderen Entsorgungsmöglichkeiten angeboten: Für das Altpapier seien
allen Haushalten auf Grund einer Getrenntsammlungsanordnung des Magistrats vom
29. März 1988 sogenannte "Blaue Tonnen" zur Verfügung gestellt
worden. Das eingesammelte Altpapier werde in einer Papiermühle verarbeitet. Für
Altglas stünden im Stadtgebiet 72 Glassammelcontainer bereit; 10 weitere
Container würden in Kürze aufgestellt werden. Die Entsorgung erfolge durch eine
Privatfirma, die das Altglas zu einer Glashütte zwecks Wiederverwertung bringe.
Altbatterien würden in über 60 speziellen Behältern - aufgestellt im Bereich
von Schulen und Bushaltestellen - eingesammelt, vom Städtischen Bauhof entleert
und zur H I GmbH (HIM) zur Weiterbehandlung abgegeben. Zur Vermeidung der Freisetzung
von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) würden Kühlgeräte wegen der
FCKW-haltigen Kühlflüssigkeit sowie Isolierschäume ebenfalls separat
eingesammelt und über eine im Auftrag des Landkreises tätige Spezialfirma
entsorgt. Für den übrigen Sondermüll würden regelmäßig mobile
Sondermüllkleinsammlungen sowie einmal monatlich eine stationäre Sammlung vom
Landkreis durchgeführt. In seinem Auftrag verbrenne bzw. deponiere die HIM den
eingesammelten Sondermüll. Aus dem Sperrmüll würden durch ein von ihr, der
Antragsgegnerin, finanziell unterstütztes Sperrmüll-Recycling-Zentrum wiederverwertbare
Gebrauchsgegenstände aufgearbeitet und zum Verkauf angeboten. Das
Recycling-Zentrum führe auch regelmäßig Werkstoffsammlungen durch, so dass insbesondere
Altmetalle einer Wiederverwertung zugeführt werden könnten. Versuchsweise werde
in einigen Stadtteilen gezielt Altmetall, insbesondere Dosenschrott, eingesammelt.
Wegen Schwierigkeiten bei der Verwertung des Dosenschrottes sei eine Ausdehnung
der Einsammlung auf das gesamte Stadtgebiet derzeit noch nicht möglich. Aus
demselben Grunde finde auch keine Getrennteinsammlung von Kunststoffen statt.
Kompostierbare Abfälle könnten zur Zeit nur in der Weise getrennt eingesammelt
und verwertet werden, dass Grünabfälle, wie Baumschnitt, Sträucher und Laub, im
Frühjahr und Herbst auf Antrag durch den Städtischen Bauhof kostenlos abgeholt
und auf der städtischen Kompostierungsanlage, die eigentlich nur für die
organischen Abfälle aus den städtischen Grünanlagen bestimmt sei, verwertet würden.
Sie, die Antragsgegnerin, werde voraussichtlich im Jahre 1991 eine Kompostierungsanlage
in Betrieb nehmen und zu diesem Zeitpunkt dann die "Grüne Tonne"
einführen.
Die
Antragsgegnerin ist schließlich der Auffassung, soweit es § 15 Ziffer 1 S.
2 AbfS zulasse, dass auf Antrag geringeres Gefäßvolumen bereitgestellt werden
könne und dies beim Hausmüll - im Gegensatz zum Gewerbemüll - nicht zu einer
Gebührenermäßigung führe, liege darin kein Verstoß gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz. Denn die Vergünstigung für Gewerbebetriebe durch
Bereitstellung kleinerer Gefäße werde dadurch mehr als ausgeglichen, dass der
Gewerbebetrieb - im Gegensatz zum Privathaushalt - für die
Papiercontainerbenutzung zusätzlich Gebühren entrichten müsse, und zwar für
einen 120-l-Behälter 60,45 DM und für einen 240-l-Behälter 87,75 DM (jeweils 13/52
der Jahresgebühr). Auch § 17 Ziffer 1 Satz 3 AbfS sei nicht zu
beanstanden. Die Gebührenfreiheit für das dritte und jedes weitere Kind eines
Familienverbandes betreffe insgesamt ca. 150 Kinder pro Jahr. Der
Einnahmeausfall von ca. 10.000,- DM werde aus allgemeinen Haushaltsmitteln
getragen und nicht auf die anderen gebührenpflichtigen Benutzer umgelegt.
Der vom
Antragsteller gleichzeitig gestellte Antrag, im Rahmen des vorliegenden
Normenkontrollverfahrens eine einstweilige Anordnung zu erlassen, ist vom Senat
durch Beschluss vom 16. Juni 1988 - 5 NG 1389/88 - abgelehnt worden.
…
Aus den Gründen:
Der
Normenkontrollantrag, über den gemäß § 47 Abs. 6 Satz 1 VwGO durch Beschluss
entschieden werden kann, hat keinen Erfolg.
Mit seinem
Hauptantrag wendet sich der Antragsteller gegen einzelne Satzungsvorschriften
und mit seinem Hilfsantrag gegen die gesamte Satzung der Antragsgegnerin über
die geordnete Beseitigung von Abfällen in der Fassung des III. Nachtrags vom 2.
Dezember 1987, das heißt auch gegen die übrigen, im Hauptantrag nicht ausdrücklich
aufgeführten Bestimmungen. Diese Antragsreihenfolge entspricht nicht dem
üblichen Antragstellerinteresse, mit dem vorrangig gestellten Hauptantrag mehr
zu erreichen als mit dem Hilfsantrag. Gegenstand und Umfang der vom
Antragsteller beantragten Normenkontrolle bestimmen sich aber nicht allein nach
dem Antragswortlaut; auch das Antragsbegehren ist mit heranzuziehen (vgl. § 88
VwGO). Der Antragsteller beruft sich - entsprechend seinem Hauptantrag - im
wesentlichen auf die Rechtswidrigkeit der Vorschriften über die
Getrennteinsammlung und Gebührenberechnung, die seiner Meinung nach die
Ungültigkeit der gesamten Satzung zur Folge habe. Bei verständiger Würdigung
des Antragswortlautes und des Vorbringens des Antragstellers bedeutet dies, dass
der Senat die mit dem Hauptantrag zur Überprüfung gestellten Satzungsbestimmungen
kontrollieren soll und der Antragsteller mit seinem Hilfsantrag lediglich zum
Ausdruck bringen will, dass die Ungültigkeit der im Hauptantrag erwähnten Vorschriften
eigentlich zur Nichtigkeit der gesamten Satzung führen müsste. Der Senat hat
dies aber bereits von Amts wegen insoweit zu berücksichtigen, als der mit dem
Hauptantrag begehrte Ungültigkeitsausspruch gegebenenfalls auch andere
Regelungen der Abfallsatzung mitumfasst, deren Bestand (Geltung) wegen
untrennbaren Regelungszusammenhangs von der Geltung der primär als ungültig
beanstandeten Vorschriften abhängt (vgl. Senatsbeschluss vom 19. März 1987 - KStZ 1987,190 (194); Kopp, VwGO, 8. Aufl. § 47 RdNr. 62 und 63; Redeker/von
Oertzen, VwGO, 9. Aufl., § 47 RdNr. 20, jeweils mit weiteren Nachweisen).
Der
Normenkontrollantrag ist statthaft. Bei der angegriffenen Satzung der Antragsgegnerin
über die geordnete Beseitigung von Abfällen in der Fassung des III. Nachtrags
vom 2. Dezember 1987 handelt es sich um eine im Range unter dem Landesgesetz
stehende Rechtsvorschrift, über deren Gültigkeit der Verwaltungsgerichtshof im
Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag zu entscheiden hat (§ 47 Abs. 1
Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 11 Abs. 1 HessAGVwGO).
Der
Normenkontrollantrag ist nur teilweise zulässig, und zwar insoweit, als sich
der Antragsteller mit seinem Hauptantrag gegen Teilregelungen der §§ 16
und 18 AbfS in der derzeit geltenden Fassung wendet; wegen des untrennbaren
Regelungszusammenhangs sind dabei auch die §§ 15 und 17 AbfS teilweise mit
zur Überprüfung gestellt. Im übrigen ist der Antrag unzulässig.
Nach § 47
Abs. 2 Satz 1 VwGO kann eine natürliche Person einen Normenkontrollantrag
nur stellen, wenn sie durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung einen
Nachteil erlitten oder in absehbarer Zeit zu erwarten hat; Nachteil in diesem
Sinne ist jede Beeinträchtigung rechtlich geschützter Interessen. Mit Hilfe
dieser Zulässigkeitsvoraussetzung soll - ähnlich wie bei Klagen nach § 42 Abs. 2
VwGO durch das Erfordernis der Geltendmachung einer Rechtsverletzung - ein
Popularantrag ausgeschlossen werden. Soweit das Normenkontrollverfahren - wie
hier - auf Antrag einer natürlichen Person eingeleitet wird, hat es auch die
Bedeutung eines subjektiven Rechtsschutzverfahrens (vgl. BVerwG, Beschluss vom
14. Juli 1978 - E 56,172 (175); Beschluss vom 28. August 1987 - NJW 1988,839
(841); Beschluss vom 18. Dezember 1989 - NVwZ 1990,554 (555)). Folglich muss
der Antragsteller erkennen lassen, ob und inwieweit er gerade durch die
angegriffene Satzungsvorschrift in seinen rechtlich geschützten Interessen
beeinträchtigt wird. Dabei genügt die - auch schlüssige - Behauptung eines
Nachteils für die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags nicht; der Nachteil muss
vielmehr objektiv eingetreten oder zu erwarten sein (vgl. dazu den im
Eilverfahren der Beteiligten ergangenen Senatsbeschluss vom 16. Juni 1988 - 5
NG 1389/88, nicht veröffentlicht; Kopp, aaO, § 47
RdNr. 24a; Eyermann/Fröhler, VwGO, 9. Aufl. § 47 RdNr. 28;
Redeker/von Oertzen, aaO, § 47 RdNr. 23,
jeweils mit weiteren Nachweisen). Schließlich ist nach dem Wortlaut des § 47
Abs. 2 Satz 1 VwGO noch Zulässigkeitsvoraussetzung, dass der Nachteil
durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung eintritt, das heißt, die
Beeinträchtigung der rechtlich geschützten Interessen davon abhängen muss, ob
die Rechtsvorschrift gültig ist oder nicht. Daraus folgt, dass ein Nachteil
nicht angenommen werden kann, wenn die vom Antragsteller geltend gemachte
Beeinträchtigung in gleicher Weise auch dann vorliegt, wenn die umstrittene
Rechtsvorschrift nicht wirksam ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom
12. Januar 1989 - VBlBW 1989,180), mit anderen
Worten, wenn der Antragsteller seine Rechtsstellung mit der begehrten gerichtlichen
Entscheidung nicht verbessern kann und die Inanspruchnahme des Gerichts deshalb
als für ihn nutzlos erscheint. Wann diese Voraussetzungen gegeben sind, richtet
sich nach den Verhältnissen des Einzelfalles (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.
August 1987, aaO; Beschluss vom 9. Februar 1989 -
NVwZ 1989,653).
Für die Zulässigkeit
des Normenkontrollantrags bedeutet dies hinsichtlich der im Hauptantrag
aufgeführten Satzungsbestimmungen im einzelnen:
Unzulässig
ist der Antrag insoweit, als er sich gegen § 3 (Ausgeschlossene Abfälle), § 4
(Anschluß- und Benutzungszwang), § 7 (Melde- und
Auskunftspflicht), § 12 (Standplatz Abfallbeseitigung), § 14
(Sperrmüll), § 20 (Haftung) und § 21 (Ordnungswidrigkeiten,
Zwangsmittel) der Satzung richtet. Denn der Antragsteller läßt
weder ausdrücklich noch konkludent erkennen, inwieweit er gerade durch diese Satzungsvorschriften
oder ihre Anwendung schon einen Nachteil erlitten hat oder aber eine
Beeinträchtigung zu erwarten ist. Offensichtlich ist er der Auffassung, falls
die von ihm beanstandeten Vorschriften über die Getrennteinsammlung und Gebührenberechnung
ungültig seien, führe dies auch zur Ungültigkeit der hier genannten Vorschriften.
Dies wäre aber - wie erwähnt - vom Senat in den gebotenen Grenzen gegebenenfalls
bereits von Amts wegen zu prüfen.
Der Antrag
ist auch unzulässig, soweit sich der Antragsteller gegen § 10 AbfS (Organisation
für die Abfallbeseitigung) wendet und - wie im Normenkontroll-Eilverfahren - in
den Ziffern 3 und 4 das Fehlen gesetzeskonformer Satzungsvorschriften über die
Getrennteinsammlung von Abfällen rügt. Der Senat hat bereits im Eilbeschluss
vom 16. Juni 1988 - 5 NG 1389/88 - näher dargelegt, dass dem Antragsteller
insoweit kein Nachteil entsteht. Im einzelnen hat der Senat ausgeführt:
"...das
behauptete Fehlen ausreichender Satzungsvorschriften über das Getrennteinsammeln
von Abfällen beeinträchtigt nicht rechtlich geschützte Interessen des Antragstellers.
Er hat keinen Anspruch darauf, dass gerade getrennt eingesammelt wird. Gemäß § 20
Abs. 1 HGO in Verbindung mit § 1 Abs. 1 und Abs. 2 der
Satzung der Antragsgegnerin kann er lediglich verlangen, dass die Abfälle
überhaupt eingesammelt (und entsorgt) werden; dies ist hier aber nicht
streitig.
Die bundes-
und landesgesetzlichen Getrennteinsammlungsregelungen dienen allein dem Wohl
der Allgemeinheit. Individuelle Rechte, Interessen oder Belange Einzelner
werden von ihnen nur reflexartig berührt. Bei der im vorliegenden Eilverfahren
gebotenen summarischen Prüfung folgt dies bereits aus dem Wortlaut der gesetzlichen
Bestimmungen. Ausgehend vom Abfallvermeidungs- und Abfallverwertungsgebot des § 1a
des (Bundes-)Abfallgesetzes (AbfG) hat gemäß § 3 Abs. 2 Satz 3 AbfG
die Abfallverwertung Vorrang vor der sonstigen Entsorgung, wenn sie technisch
möglich ist, die hierbei entstehenden Mehrkosten im Vergleich zu anderen Verfahren
der Entsorgung nicht unzumutbar sind und für die gewonnenen Stoffe oder Energie
ein Markt vorhanden ist oder insbesondere durch Beauftragung Dritter geschaffen
werden kann. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 4 AbfG sind Abfälle so
einzusammeln, zu befördern, zu behandeln und zu lagern, dass die Möglichkeiten
zur Abfallverwertung genutzt werden können. Dementsprechend haben die
kreisangehörigen Gemeinden und kreisfreien Städte in Hessen nach § 2 Abs. 2
Satz 1 des Hessischen Abfallgesetzes (HAbfG) in der Fassung vom 7.
November 1987 die angefallenen Abfälle nach verwertbaren und zu beseitigenden
Stoffen getrennt einzusammeln, soweit sie nach § 3 Abs. 1 HAbfG
verwertet werden sollen. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 HAbfG haben unter
anderem die kreisangehörigen Gemeinden im Einvernehmen mit den verwertungs- und
beseitigungspflichtigen Landkreisen Sammelsysteme anzubieten, die eine
möglichst weitgehende Trennung der Abfälle bereits beim Abfallbesitzer ermöglichen.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 HAbfG haben die bereits genannten Gebietskörperschaften
Abfälle unter Beachtung wirtschaftlicher Grundsätze zu verwerten oder einer
Verwertung zuzuführen, soweit nach dem Stand der Technik geeignete Verfahren
zur Verfügung stehen und die Kosten nicht außer Verhältnis zu den hieraus entstehenden
Vorteilen für das Wohl der Allgemeinheit stehen. - Der Wortlaut dieser
Vorschriften macht deutlich, dass die Getrennteinsammlungsvorschriften
als Organisationsregelungen allein die Funktion haben, dem gesetzlichen
Abfallverwertungsgebot und damit dem Allgemeininteresse zu dienen. Das
Getrennteinsammeln von Abfällen stellt keinen Selbstzweck dar und ist nur dann
sinnvoll, wenn für die getrennt eingesammelten Abfälle Verwertungsmöglichkeiten
bestehen. Vorrangig ist deshalb eine weitgehende Abfallverwertung zu gewährleisten.
Rechte, Interessen oder Belange der einzelnen Abfallbesitzer werden aber in den
gesetzlichen Vorschriften über die Getrennteinsammlung und Verwertung von
Abfällen nicht erwähnt und sind auch in den entsprechenden amtlichen
Gesetzentwürfen (BT-Drs. 10/2885 und LT-Drs. 11/3597) nicht angesprochen. Dies
ist bereits ein wichtiges Indiz dafür, dass der Gesetzgeber mit den
Getrennteinsammlungsregelungen keine subjektiven Rechte begründen wollte. Etwas
anderes folgt auch nicht aus einer Auslegung der genannten Vorschriften im
Lichte der Verfassung. Zwar dürfte überall dort, wo eine Rechtsnorm grundrechtlich
geschützte Positionen eines bestimmten Personenkreises berührt, im Zweifel
anzunehmen sein, dass die Norm auch Ansprüche gewährt (vgl. BVerfG, Beschluss
vom 5. Februar 1963 - BVerfGE 15,275 (281 f), OVG Lüneburg, Beschluss vom 24.
Januar 1986 - DVBl.1986,418 (420); Kopp, aaO, § 42
RdNr. 68,72 ff). Hier sind jedoch keine
Grundrechte des Antragstellers als Abfallbesitzer erkennbar, die gerade dadurch
tangiert werden, dass - wie behauptet - nicht gesetzeskonform getrennt eingesammelt
wird. Der Antragsteller beruft sich selbst auch nicht auf solche Grundrechte.
Er spricht lediglich davon, dass durch die seiner Meinung nach rechtswidrige
Nicht-Getrennteinsammlung "Schäden" entstünden, die nicht mehr
beseitigt werden könnten. Um welche Schäden es sich dabei handelt und bei wem
sie entstehen, wird nicht gesagt. Offensichtlich ist der Antragsteller selbst
der Auffassung, dass allenfalls eine Schädigung der Allgemeinheit in Betracht
kommt."
An dieser
Rechtsauffassung, die noch unter der Geltung der §§ 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2
und 3 Abs. 1 des Hessischen Abfallgesetzes - HAbfG 1985 - in der Fassung
der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1985, GVBl.1986 I S. 17, ergangen ist,
hält der Senat fest. Eine andere rechtliche Beurteilung ist auch nicht geboten
im Hinblick auf das zwischenzeitliche Inkrafttreten des Hessischen
Abfallwirtschafts- und Altlastengesetzes - HAbfAG - in der Fassung der
Bekanntmachung vom 10. Juli 1989, GVBl. I S. 198, zuletzt geändert
durch Gesetz vom 19. Dezember 1990, GVBl. I S. 773. Denn die
Neuregelungen in § 1 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Abs. 4 und Abs. 5
sowie in § 2 Abs. 1 HAbfAG lassen die bisherige Rechtslage insoweit
im wesentlichen unberührt.
Unzulässig ist
der Antrag schließlich auch hinsichtlich der vom Antragsteller angegriffenen
Mindestgebührenregelung gemäß § 18 Ziff. 1 Satz 2 AbfS. Denn soweit
der Antragsteller geltend macht, die Vorschrift sei ungültig, weil sie für
jedes angeschlossene und z.B. nur mit einer Person
bewohnte Grundstück eine Mindestgebühr von 138,-- DM festsetze, obwohl eine
Gebühr in dieser Höhe eigentlich nur von einem 2-Personen-Haushalt zu erbringen
sei, ist er von dieser Vorschrift nicht nachteilig betroffen. Derzeit nämlich
wohnen auf seinem Grundstück mindestens drei Personen; nach Mitteilung der
Antragsgegnerin - vom Antragsteller nicht bestritten - sind sogar vier Personen
gemeldet. Der Antragsteller hat deshalb durch die Mindestgebührenregelung zur
Zeit keinen Nachteil, weil sich seine Rechtsposition im Falle der Ungültigkeit
der Bestimmung nicht verbesserte. Würde nämlich die satzungsmäßige Mindestgebühr
gesenkt werden oder ganz entfallen, so wirkte sich dies zu Lasten der übrigen
Gebührensätze und Gebührenpflichtigen aus mit der Folge, dass auch der
Antragsteller im Zweifel höhere Gebühren entrichten müsste. Anhaltspunkte
dafür, dass der Antragsteller in absehbarer Zeit das Grundstück allein bewohnen
und dann von der für ihn "nachteiligen" Mindestgebührenregelung erfasst
werden würde, sind nicht ersichtlich und von ihm auch nicht vorgetragen worden.
Zulässig ist
der Normenkontrollantrag des Antragstellers allerdings insoweit, als er die
Satzungsbestimmungen über die Gebührenpflicht (§ 16 AbfS), den Gebührenmaßstab
(§ 18 Ziff. 1 und 2 in Verbindung mit den damit in untrennbarem Regelungszusammenhang
stehenden §§ 15 und 17 AbfS) und die Müllsackgebührenregelung (§ 18 Ziff. 3
AbfS) nach dem Antragswortlaut in der - derzeit geltenden - Fassung des III.
Nachtrags vom 2. Dezember 1987 angreift und die Feststellung ihrer Ungültigkeit
- von Anfang an - begehrt. Denn als Eigentümer eines Grundstücks im Stadtgebiet
der Antragsgegnerin unterliegt der Antragsteller der Pflicht zur Entrichtung
von Müllabfuhrgebühren gemäß den §§ 16 ff AbfS. Da er auf dieser Grundlage
zuletzt durch Bescheid vom 4. Januar 1988 - bis zur Bekanntgabe eines neuen Bescheides
- zu Müllabfuhrgebühren in Höhe eines Jahresbetrages von 207,-- DM, der
ratenweise fällig wird, herangezogen worden ist, ist er jedenfalls insoweit
nachteilig betroffen. Dem steht hier auch nicht die Tatsache entgegen, dass die
letzten an ihn gerichteten Abgabenbescheide der Antragsgegnerin bereits
bestandskräftig sind und der Antragsteller seine Zahlungsverpflichtungen
gegenüber der Antragsgegnerin bislang erfüllt hat. Denn auf Grund des zuletzt
erlassenen Bescheides kann die Antragsgegnerin auch künftig Müllabfuhrgebühren
erheben und im Falle der Nichtzahlung notfalls Vollstreckungsmaßnahmen
durchführen. Darin liegt ein Nachteil im Sinne des § 47 Abs. 2
Satz 1 VwGO, der durch den vorliegenden Normenkontrollantrag abgewehrt werden
kann. Zwar würde die vom Antragsteller begehrte Ungültigerklärung der Satzungsvorschriften
nichts an der Bestandskraft des letzten Gebührenbescheides ändern. Es entfiele
jedoch mit der Nichtigerklärung die Möglichkeit der Antragsgegnerin, den
Bescheid wegen der künftig fällig werdenden Gebührenbeträge zu vollstrecken.
Dies folgt aus § 3 Abs. 4 Hessisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz
(vgl. Senatsbeschluss vom 16. Oktober 1985 - 5 N 1/83, insoweit nicht veröffentlicht).
Der teilweise
zulässige Normenkontrollantrag ist jedoch nicht begründet.
In formeller
Hinsicht ist die Satzung der Antragsgegnerin über die geordnete Beseitigung von
Abfällen nicht zu beanstanden. … (wird ausgeführt).
In
materiell-rechtlicher Hinsicht sind die zur Überprüfung stehenden Regelungen
bzw. Teilregelungen der §§ 16 (Gebührenpflicht) und 18 (Benutzungsgebühr)
sowie 15 (Zuteilung von Müllbehältervolumen) und 17 (Bemessungsgrundlage für
die Gebühren) AbfS in der Fassung des III. Nachtrags mit höherrangigem Recht
vereinbar.
§ 16
AbfS (Gebührenpflicht) ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Vorschrift umschreibt
in ihrer Ziffer 1 den Benutzungsgebührentatbestand der Müllabfuhrgebühr unter
Berücksichtigung des Kostendeckungsprinzips. Dies entspricht dem höherrangigen
Gesetzesrecht in seiner jeweiligen Fassung seit dem ersten Inkrafttreten der
Satzung am 1. Januar 1983 (§ 22 Ziff. 1 AbfS), nämlich dem § 1 Abs. 4
Satz 1 Hessisches Abfallgesetz vom 16. Juni 1978 - HAbfG 1978 -, GVBl. I S. 397,
§ 2 Abs. 9 Satz 6 HAbfG 1985 und § 2 Abs. 2 Satz 1 HAbfAG
jeweils in Verbindung mit § 10 Abs. 1 und Abs. 2
KAG; die Befugnis zur Abwälzung der an den Landkreis zu zahlenden Gebühren ist
ausdrücklich im Gesetz vorgesehen (vgl. § 1 Abs. 4 Satz 2 HAbfG
1978, § 2 Abs. 9 Satz 3 HAbfG 1985, § 2 Abs. 2
Satz 4 HAbfAG). Auch hinsichtlich der Satzungsregelungen über den Kreis der
Gebührenpflichtigen (§ 16 Ziff. 2), die Entstehung der
Gebührenpflicht (§ 16 Ziff. 3) sowie die Änderung und Beendigung der
Gebührenpflicht (§ 16 Ziff. 4) bestehen keine rechtlichen Bedenken.
Insbesondere die Gebührenpflichtigkeit des Grundstückseigentümers (§ 16 Ziff. 2
in Verbindung mit § 4 Ziff. 1 und § 6 AbfS; kritisch dazu Tiedemann, HSGZ 1988,47 ff) ist nicht zu beanstanden. Die
Antragsgegnerin betreibt die Abfallbeseitigung als eine grundstücksbezogene
öffentliche Einrichtung (§ 4 i.V.m. § 1 AbfS). Gebührenschuldner ist,
wer die Einrichtung in Anspruch nimmt. Bei grundstückbezogenen Einrichtungen,
deren Inanspruchnahme durch den Anschluss- und Benutzungszwang angeordnet ist -
wie hier gemäß § 4 AbfS (vgl. zur Zulässigkeit des Anschluss- und Benutzungszwanges
bei der Müllabfuhr zuletzt Senatsurteil vom 7. März 1990 - HSGZ 1990,441 und
vom 20. Juni 1990, HSGZ 1990,444) -, kann grundsätzlich die Satzung den Grundstückseigentümer,
unabhängig von der Frage des Abfallbesitzes, zum Gebührenpflichtigen bestimmen
(vgl. Lohmann in: Driehaus,
Kommunalabgabenrecht, Stand 1990, § 6 RdNr. 660
mit weiteren Nachweisen).
Entgegen der
Auffassung des Antragstellers bestehen auch keine rechtlichen Bedenken gegen
die Gebührenmaßstabsregeln in § 17 AbfS, und zwar weder gegen den
personenbezogenen und gefäßbezogenen Maßstab an sich noch gegen die kombinierte
Anwendung beider Maßstäbe in Verbindung mit Zusatzbestimmungen auf die
unterschiedlichen Gruppen von Gebührenpflichtigen.
§ 17 Ziff. 1
Satz 1 AbfS bestimmt, dass Bemessungsgrundlage für die Berechnung der
jährlichen Gebühren nach § 16 die Zahl der auf einem Grundstück wohnenden
Personen ist; dementsprechend schreibt § 18 Ziff. 1 AbfS vor, dass
die Gebühr für das Einsammeln nach dieser Satzung bei wöchentlich einmaliger
Entleerung des Hausmülls 69,-- DM pro Einwohner und Jahr beträgt. Dieser
Personenmaßstab stellt seit dem Inkrafttreten der Satzung in ihrer Urfassung am
1. Januar 1983 die Grundregel für die Bemessung der Müllabfuhrgebühren dar,
soweit es sich nicht um die Entsorgung von Abfällen aus Betrieben und ähnlichen
Einrichtungen handelt (vgl. § 17 Ziff. 2 AbfS). Die
Behältergröße ist für die Gebührenberechnung grundsätzlich ohne Bedeutung, denn
die "Kopf"-Gebühr des § 18 Ziff. 1 Satz 1 AbfS deckt
den für jeden Grundstücksbewohner wöchentlich vorgesehenen Regelbedarf von 40 l
Behältervolumen (§ 15 Ziff. 2 Satz 1 AbfS) ab. Erst zusätzlicher
Bedarf an Behältervolumen löst ausnahmsweise eine zusätzliche Gebühr aus (§§ 15
Ziff. 3, 18 Ziff. 1 AbfS). Rechtliche Bedenken
hinsichtlich des in § 15 Ziff. 2 AbfS festgesetzten Behältervolumen-Regelbedarfs
sind nicht ersichtlich und vom Antragsteller auch nicht vorgetragen worden.
Messungen haben ergeben, dass der durchschnittliche Pro-Kopf-Bedarf an Behältervolumen
in der Woche ca. 35-45 1 beträgt und in städtischen Gebieten - wie hier - eher
im oberen Bereich liegt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 19. März 1987 - KStZ 1987, 190 (193) und vom 5. August 1987 - HessVGRspr. 1987, 89 (90)).
Die
Personenmaßstabsregelung für die Müllabfuhrgebühr ist - gemessen am derzeit
geltenden Gesetzesrecht - nicht zu beanstanden. Das folgt aus § 10 Abs. 3
KAG. Die Vorschrift bestimmt, dass die Gebühr nach Art und Umfang der
Inanspruchnahme der Einrichtung zu bemessen ist. Unter verfassungsrechtlichen
Gesichtspunkten bedeutet dies, dass die Gebühr dem Prinzip der speziellen
Entgeltlichkeit, dem Äquivalenzprinzip und dem Gleichheitssatz entsprechen muss,
wobei für die Rechtsetzung letztlich aber auch Praktikabilitätsüberlegungen
eine Rolle spielen können (vgl. dazu Lohmann, aaO, RdNr. 693
ff mit weiteren Nachweisen). Lässt sich das Maß der tatsächlichen
Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung nur unter unverhältnismäßigem
Aufwand messen, so kann sich die Gebührenregelung an einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab
statt an einem Wirklichkeitsmaßstab orientieren. Bei der Müllabfuhr ist - im
Blick auf § 10 Abs. 3 Satz 1 KAG - als zulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab
der Personenmaßstab anerkannt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 19. März 1987 - KStZ 1987,190 (192) und vom 5. August 1987 - HessVGRspr. 1987, 89 (90); Schön, HKAG, Stand 1988, § 10
Anm. 9.9b, dd); Ermel, HKAG, 2. Aufl. § 10
Anm.77). Das derzeit geltende Hessische Abfallwirtschafts- und Altlastengesetz
enthält keine abfallgebührenrechtlichen Sonderbestimmungen, die über den
Regelungsbereich des § 10 Abs. 3 KAG hinausgehen, wie
insbesondere dem Schweigen des § 2 Abs. 2 HAbfAG zu entnehmen ist.
Der
Antragsteller ist allerdings der Ansicht, die Personenmaßstabsregelung und damit
insbesondere § 17 Ziff. 1 Satz 1 AbfS hätten schon vor dem
Inkrafttreten des 5. Gesetzes zur Änderung des Hessischen Abfallgesetzes vom 6.
Juni 1989, GVBl. I S. 137, am 14. Juni 1989 gegen die §§ 2 und 3 des
Hessischen Abfallgesetzes in der Fassung von 1985 verstoßen. Die Richtigkeit
dieser Auffassung unterstellt, hätte dies zur Folge, dass die
Satzungsbestimmungen bereits damals ungültig gewesen wären und auch derzeit
keine Gültigkeit hätten. Denn eine einmal wegen Verstoßes gegen höherrangiges
Recht ungültige Satzungsbestimmung kann nicht dadurch nachträglich geheilt
werden, das heißt Gültigkeit erlangen, dass sich zu einem späteren Zeitpunkt
die Gesetzeslage - hier durch die 5. Novelle - ändert. Der Satzungsgeber müßte schon erneut tätig werden, wenn er auf der Grundlage
einer neuen Gesetzeslage eine ursprünglich ungültige Regelung erneut zur
Geltung bringen wollte (vgl. Senatsurteil vom 20. September 1989 - 5 UE 8/86).
Entgegen der Ansicht des Antragstellers war aber die Personenmaßstabsregelung,
das heißt insbesondere § 17 Ziff. 1 Satz 1 AbfS, im Zeitpunkt
des ersten Inkrafttretens der Satzung am 1. Januar 1983 und auch im Zeitraum
danach - bis zum Inkrafttreten der 5. Novelle zum Hessischen Abfallgesetz im Jahre
1989 - mit höherrangigem Recht vereinbar.
Im Zeitpunkt
des ersten Inkrafttretens der Satzung der Antragsgegnerin entsprach der
Personenmaßstab der damals geltenden Gesetzeslage, und zwar den bereits oben erwähnten
Gebührenmaßstabsregeln des § 10 Abs. 3 Satz 1 KAG. Das Hessische
Abfallgesetz in der damals geltenden Fassung von 1978 enthielt keine über den Regelungsbereich
dieser Vorschrift hinausgehende Sonderbestimmung zur Bemessung der
Müllabfuhrgebühr. Dies läßt sich insbesondere dem
Schweigen des § 1 Abs. 4 HAbfG 1978 entnehmen.
Danach hatte
der Landesgesetzgeber zwar im Rahmen des 4. Gesetzes zur Änderung des
Hessischen Abfallgesetzes vom 31. Oktober 1985, GVBl. I S. 181, erstmals eine
abfallgebührenrechtliche Sonderregelung geschaffen, die als § 1b Abs .9
Satz 2 am 7. November 1985 in Kraft trat, nach der Bekanntmachung der
Neufassung des Gesetzes als § 2 Abs. 9 Satz 2 HAbfG 1985
fortgalt, erst durch die Neuregelung in § 2 Abs. 2 HAbfAG im
Jahre 1989 vom Landesgesetzgeber wieder gestrichen worden ist. Sie hatte
folgenden Wortlaut:
"Bei der
Bemessung der Abgaben sind Anreize zur Vermeidung und stofflichen Verwertung
von Abfällen zu schaffen, insbesondere sollen die zu erhebenden Gebühren in der
Regel linear zum vorgehaltenen Behältervolumen für die nicht stofflich verwertbaren
Abfälle gestaffelt erhoben werden."
Die
satzungsrechtliche Personenmaßstabsregelung und damit insbesondere § 17 Ziff. 1
Satz 1 AbfS verstießen jedoch auch solange nicht gegen diese gesetzliche Bemessungsvorschrift,
als sie gültiges Landesrecht darstellte, d. h. bis zum Inkrafttreten des neuen
Abfallgesetzes des Bundes am 1. November 1986, als - wie unten noch ausgeführt
wird - § 2 Abs. 9 Satz 2 HAbfG 1985 als wirksamer gesetzlicher
Prüfungsmaßstab wieder ausschied.
§ 2 Abs. 9
Satz 2 HAbfG 1985 war als § 1b Abs. 9 Satz 2 wesentlicher
Bestandteil des 4. Änderungsgesetzes, dem insgesamt folgende Überlegungen zugrundelagen, wie dem Gesetzentwurf der Hessischen
Landesregierung vom 22. April 1985 (LT-Ds. 11/3597 S. 1)
zu entnehmen ist:
"A)
Problem
Die
Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass eine Beseitigung von Abfällen
durch Deponierung oder Verbrennung nach der bisher geübten Praxis wegen der zum
Teil unkontrollierbaren Neben- und Langzeitwirkungen nicht unproblematisch ist.
Auch auf Grund der begrenzten Rohstoffreserven, der sich erschöpfenden Deponiekapazität
sowie der wegen des Landschaftsverbrauchs erforderlichen Beschränkung der
Planung von Deponieraum ist eine Änderung der Beseitigungskonzeption hin zur
Vermeidung, Verminderung und Verwertung von Abfällen dringend geboten. Ziel ist
es, Abfälle nur dann noch abzulagern, wenn eine sinnvolle Verwertung nicht
möglich ist und die Beseitigung unumgänglich ist...
B) Lösung
Der vorliegende
Gesetzentwurf trägt dieser veränderten Konzeption Rechnung. Neben der
getrennten Sammlung von verwertbaren Abfällen soll ein Verwertungsgebot die
Gebietskörperschaften veranlassen, vorrangig die Verwertung zu betreiben. Um
die erforderliche Flexibilität zu erreichen, sollen die zu praktizierenden
Systeme der Getrenntsammlung und Sortierung nicht vom Gesetzgeber
vorgeschrieben, sondern allenfalls in Form von Empfehlungen genannt werden.
Dabei kommt es darauf an, dass das jeweilige System der Getrenntsammlung von
Abfällen durch die Gemeinden mit dem der nachfolgenden Verwertung durch den
Landkreis kongruent ist. Gebührenmäßig müssen Anreize geschaffen werden, die
Getrenntsammlung zu unterstützen..."
Dementsprechend
ordnete das Gesetz unter anderem in § 2 Abs. 2 Satz 1 HAbfG
1985 an, dass die kreisangehörigen Gemeinden und die kreisfreien Städte die angefallenen
Abfälle nach verwertbaren und zu beseitigenden Stoffen getrennt einzusammeln
hatten, soweit die Abfälle nach § 3 Abs. 1 HAbfG 1985 verwertet
werden sollten. Die §§ 2 Abs. 2 Satz 1 und 3 Abs. 1
HAbfG 1985 über die Getrennteinsammlung etc. traten jedoch erst nach einer
Übergangszeit von zwei Jahren am 7. November 1987 in Kraft (vgl. dazu die
Bekanntmachung der Neufassung des Hessischen Abfallgesetzes vom 11. Dezember
1985, GVBl.1986 I S. 17).
Die
satzungsrechtliche Personenmaßstabsregelung, das heißt insbesondere § 17 Ziff. 1
Satz 1 AbfS, verstieß aber deshalb nicht gegen § 2 Abs. 9 Satz
2 HAbfG 1985, weil die Gesetzesbestimmung mangels angeordneter
Getrennteinsammlungen von Abfällen im Stadtgebiet der Antragsgegnerin zum Teil
noch keine Rechtswirkung entfaltet hatte. Die abfallgebührenrechtliche
Gesetzesbestimmung setzte sich zusammen aus einer Muss-Vorschrift
und einer Soll-Vorschrift. Wie der Senat in seinen Beschlüssen
vom 19. März 1987 - KStZ 1987,190 (194) und vom 5.
August 1987 - HessVGRspr. 1987,89 (91) ausgeführt
hat, sollte das Gebot der linearen Staffelung der Gebühren (Soll-Vorschrift)
Mengenrabatte ausschließen, das heißt, die Entsorgung nicht verwertbaren Mülls
sollte nicht mit einer degressiven Gebührenstaffelung honoriert werden. Diesem
Gebot kam der satzungsrechtliche Personenmaßstab mit seiner linearen
Bemessungsgrundlage nach. Die amtliche Begründung zum Entwurf der 4. Novelle (LT-Ds 11/3597 S. 17) erwähnte in diesem Zusammenhang
den Personenmaßstab sogar ausdrücklich als zulässige Bemessungsgrundlage. Ob
die Satzung der Antragsgegnerin freilich auch der Muss-Vorschrift
des § 2 Abs. 9 Satz 2 HAbfG 1985 entsprach, ist zweifelhaft und zwischen
den Beteiligten umstritten. Jedenfalls aber führte ein mögliches Fehlen von
Anreizen zur Abfallvermeidung und stofflichen Verwertung in der
satzungsrechtlichen Gebührenregelung vor dem 7. November 1987 nicht zu deren
Ungültigkeit (vgl. dazu die Senatsbeschlüsse vom 19. März 1987 und 5. August
1987 aaO.). Denn bis zu diesem Zeitpunkt fand bei der
Antragsgegnerin noch keine organisierte Getrennteinsammlung verwertbarer
Abfälle statt - die Getrenntsammlungsanordnung des Magistrats für Altpapier
gemäß § 10 Ziff. 3 und Ziff. 4 AbfS datiert vom 29.
März 1988, öffentlich bekanntgemacht in der
Oberhessischen Presse am 31. März 1988 -, und es bestand wegen der zweijährigen
gesetzlichen Übergangsfrist auch von Gesetzes wegen noch keine Verpflichtung
zur Getrennteinsammlung (vgl. dazu die Senatsbeschlüsse vom 19. März 1987 und
5. August 1987 aaO.).
Ab dem
Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen, derzeit geltenden Abfallgesetzes des
Bundes vom 27. August 1986 - AbfG -, BGBl.I S. 1410
am 1. November 1986 war aber § 2 Abs. 9 Satz 2 HAbfG 1985 - der
Prüfungsmaßstab für die hier streitigen Satzungsvorschriften - selbst nicht
mehr mit Bundesrecht vereinbar, mit der Konsequenz, dass die
Satzungsbestimmungen wieder nur an § 10 Abs. 3 KAG zu messen und -
wie bereits ausgeführt - nicht zu beanstanden sind.
Die
Abfallkonzeption des 1986 erlassenen Abfallgesetzes des Bundes unterscheidet
sich in einigen Punkten von derjenigen des Hessischen Abfallgesetzes in der Fassung
von 1985. Während § 1 Nr. 1 HAbfG 1985 ein umfassendes Abfallvermeidungsgebot
vorsah, besteht das Vermeidungsgebot in § 1a AbfG nur nach Maßgabe von
Rechtsverordnungen der Bundesregierung gemäß § 14 AbfG. Beide Gesetze räumen
der Abfallverwertung den Vorrang vor der Abfallbeseitigung ein. Doch sieht das
Bundesgesetz die thermische (energetische) Verwertung durch Müllverbrennung und
die stoffliche Verwertung als gleichrangige Verwertungsarten an (§§ 1 Abs. 1
Satz 2, 3 Abs. 2 Satz 3 AbfG, vgl. dazu zuletzt die Nachweise in BayVerfGH, Beschluss vom 27. März 1990 - DVBl.1990,692 (694
f) und in der Anmerkung von Mann, DVBl.1990,697 (698 f)) während das Hessische
Abfallgesetz in der Fassung von 1985 den Begriff der Verwertung in § 1 Nr. 2
auf die stoffliche Verwertung beschränkte und die Verbrennung von Abfällen der -
weniger erwünschten - Deponierung gleichstellte. Soweit die Regelungen des
Hessischen Abfallgesetzes denen des Abfallgesetzes des Bundes widersprachen,
kam dem Bundesgesetz Vorrang zu. Denn es handelt sich bei der Abfallwirtschaft
um eine Materie der konkurrierenden Gesetzgebung, die der Regelungsbefugnis des
Landesgesetzgebers nur insoweit unterliegt, als nicht der Bundesgesetzgeber von
seiner vorrangigen Gesetzgebungskompetenz auf diesem Gebiet Gebrauch macht
(Art.74 Nr. 24, Art.72 GG). Daraus wurde bereits Anfang 1987 in der
Literatur die Folgerung gezogen, dass das neue Hessische Abfallgesetz in
wesentlichen Teilen gemäß Art.31 GG - Bundesrecht bricht Landesrecht - nichtig
sei (vgl. Backes, DVBl.1987,333 (339); von Mutius,
HSGZ 1987,279 ff; die Hessische Landesregierung hatte diese Problematik
übrigens selbst von Anfang an gesehen, vgl. dazu LT-Ds
11/3597 S. 12 ff). Dem schließt sich der Senat jedenfalls im Hinblick auf § 2
Abs. 9 Satz 2 HAbfG 1985 ausdrücklich an, nachdem er bisher nur angedeutet
hatte, Teile der 4. Novelle zur Änderung des Hessischen Abfallgesetzes seien
aus den genannten Gründen möglicherweise ungültig (vgl. Senatsbeschlüsse vom
16. Dezember 1987 - ESVGH 38,102 (109) und vom 18. Juni 1990 - 5 N 582/87).
Denn § 2 Abs. 9 Satz 2 HAbfG 1985 war mit Bundesrecht deshalb nicht
(mehr) vereinbar, weil die Vorschrift die vom Bundesgesetzgeber vorgegebene
Gleichstellung von stofflicher und energetischer Verwertung unbeachtet ließ und
neben der Abfallvermeidung allein auf die stoffliche Verwertbarkeit abstellte.
Ob die Gesetzesbestimmung eventuell auch aus anderen Gründen nichtig war - die
Schaffung von "Anreizen" bei der Gebührenbemessung kann zu Verstößen
gegen die gebührenrechtlichen Grundprinzipien (spezielle Entgeltlichkeit, Äquivalenzprinzip,
Gleichbehandlungsgrundsatz) führen (vgl. Fabry, HSGZ 1990,259) -, kann offenbleiben.
Von der Ungültigkeit des § 2 Abs. 9 Satz 2 HAbfG 1985 war der hessische
Landesgesetzgeber schließlich selbst überzeugt. Die Anpassung des Hessischen
Abfallgesetzes in der Fassung von 1985 an das geltende Bundesrecht war deshalb
Hauptziel der 5. Novelle zum Hessischen Abfallgesetz, wie der
Gesetzesbegründung zu entnehmen ist (vgl. LT-Ds
12/2868 S. 1 und 16). Zu § 2 Abs. 2 des Entwurfs, der die
Regelung des § 2 Abs. 9 Satz 2 HAbfG 1985 nicht mehr enthält, ist in
der amtlichen Begründung (LT-Ds 12/2868 S. 21)
unter anderem ausgeführt:
"Zum
anderen ist Satz 2 des geltenden Absatzes 9 gestrichen worden, weil er sich als
nicht praktikabel herausgestellt hat und zweifelhaft ist, wie gebührenmäßig
Anreize zur Vermeidung von Abfällen wirksam geschaffen werden können. Ferner entspricht
die Vorschrift nicht dem Bundesrecht. Denn nach der Gleichstellung von stofflicher
und thermischer Verwertung ist nicht vertretbar, vom Gesetzgeber her aufzugeben,
besondere Anreize für eine stoffliche Verwertung zu schaffen."
In dem seit
1989 geltenden § 2 Abs. 2 HAbfAG ist deshalb keine dem ungültigen § 2
Abs. 9 Satz 2 HAbfG 1985 entsprechende Bestimmung mehr enthalten. - Der
Senat kann die Unwirksamkeit des § 2 Abs. 9 Satz 2 HAbfG 1985 für den
Zeitraum von 1986 bis 1989 selbst feststellen und die Rechtsnorm hier
unangewendet lassen. Dies ergibt sich aus der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts zu Art.100 Abs. 1 Satz 2 GG, der den Senat sonst
gegebenenfalls zur Einleitung eines "konkreten" Normenkontrollverfahrens
veranlassen könnte. Denn das Entscheidungsmonopol des Bundesverfassungsgerichts
nach Art.100 Abs. 1 Satz 2 GG erstreckt sich nicht auf die Frage, ob ein
Landesgesetz mit einem späteren Bundesgesetz unvereinbar ist, weil
Prüfungsmaßstab im Rahmen der konkreten Normenkontrolle nur die bundesrechtliche
"lex prior" sein
kann (grundlegend BVerfG, Beschluss vom 6. Oktober 1959 - E 10,124 (128); dazu
Zeidler, DÖV 1960,23 ff; BVerfG, Beschluss vom 23. März 1982 - E 60,135 (153)
und Beschluss vom 6. Dezember 1983 - E 65,359 (373); Maunz in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Stand 1990, Art.100 RdNr. 13). Diese Voraussetzungen sind vorliegend
gegeben. Denn § 2 Abs. 9 Satz 2 HAbfG 1985 war bereits am 7. November
1985 und damit vor dem Abfallgesetz des Bundes von 1986 erlassen und in Kraft
getreten. Die Tatsache, dass § 2 Abs. 9 Satz 2 HAbfG 1985 nach der
Rechtsprechung des Senats (vgl. die Senatsbeschlüsse vom 19. März 1987 und 5.
August 1987, aaO.) wegen der damals noch nicht
vorhandenen Getrenntsammelanordnung der
Antragsgegnerin hier erst nach 1986 hätte Wirkung entfalten können, ist in
diesem Zusammenhang rechtlich unerheblich. Die Entscheidungskompetenz des
Senats für die Feststellung, dass eine ursprünglich insoweit einwandfreie landesgesetzliche
Regelung mit einem später erlassenen Bundesgesetz nicht mehr vereinbar und
folglich außer Wirksamkeit getreten ist, setzt nämlich nur voraus, dass das
Landesgesetz bei seiner "Schaffung" das übergeordnete Bundesrecht
beachtet hatte (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Oktober 1959, aaO.).
Das war hier der Fall.
Auch der
gefäßbezogene Gebührenmaßstab für die Bemessung der Müllabfuhrgebühren, die von
Betrieben und ähnlichen Einrichtungen zu erbringen sind (vgl. § 17 Ziff. 2
AbfS), ist nicht zu beanstanden. Zwar hat der Antragsteller diesbezüglich keine
Bedenken geäußert. Gleichwohl ist auch insoweit eine Überprüfung vorzunehmen.
Denn eine etwaige Besserstellung dieses Benutzerkreises bei der Gebührenbemessung
wäre notwendigerweise mit einer entsprechenden Benachteiligung der anderen
gebührenpflichtigen Benutzer verbunden (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 19.
März 1987 - KStZ 1987,190 (193) - und vom 5. August
1987 - HessVGRspr.1987,89 (91)).
Nach § 17
Ziff. 2 Satz 1 AbfS ist bei Betrieben und ähnlichen Einrichtungen
(vgl. die Beispiele in § 15 Ziff. 4 AbfS) Bemessungsgrundlage für die
Berechnung der Müllabfuhrgebühren die Anzahl und Größe der aufgestellten
Müllbehälter und die Zahl der Entleerungen. Zur erstmaligen Festlegung des
zuzuteilenden Behältervolumens werden entsprechende Erhebungen durchgeführt,
soweit keine statistischen Unterlagen vorliegen; Änderungen sind unverzüglich
mitzuteilen (vgl. § 17 Ziff. 2 AbfS). Als Mindestwert des tatsächlich
benötigten Gefäßraumes wird das am 1. Januar 1982 angemeldete Gefäßvolumen
festgelegt (vgl. § 15 Ziff. 4.1 AbfS). Dieser Gefäßmaßstab, der an
das Volumen des bereitgestellten Müllgefäßes anknüpft, ist im vorgegebenen
Rahmen des § 10 Abs. 3 KAG als Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der hier
dem Wirklichkeitsmaßstab schon sehr angenähert ist, ebenfalls anerkannt und
eignet sich vor allem für die Bemessung von Gewerbemüllgebühren (vgl.
Senatsbeschlüsse vom 19. März 1987 - KStZ 1987,190
(192) - und vom 5. August 1987 - HessVGRspr. 1987,89
(90) -; Schön, aaO., § 10 Anm.9.9b,cc; Ermel, aaO., § 10 Anm. 77).
Wie bereits dargestellt, enthielt - und enthält - das Hessische Abfallgesetz zu
keinem Zeitpunkt abfallgebührenrechtliche Sonderbestimmungen, die hier vom
Satzungsgeber noch zu beachten waren. Dass hilfsweise ("soweit noch kein
Gefäßvolumen vorhanden ist") in § 15 Ziff. 4.2 ein
Mindestbehältervolumen auf der Basis des zulässigen "Einwohnergleichwertes"
von 40 l festgelegt ist, ist ebenfalls rechtmäßig (vgl. dazu auch VG Wiesbaden -
Kammern Gießen -, Urteil vom 19. August 1981 - KStZ
1982,35 ff).
Es bestehen
auch keine rechtlichen Bedenken gegen die kombinierte Anwendung des
personenbezogenen und des gefäßbezogenen Maßstabs in Verbindung mit Zusatzbestimmungen
der Satzung auf die jeweils unterschiedlichen Gruppen von Abfallgebührenpflichtigen.
Insbesondere verletzt die Erhebung von Müllabfuhrgebühren nach dem
Personenmaßstab bei Privathaushalten und nach dem Gefäßmaßstab bei Betrieben
und ähnlichen Einrichtungen nicht den gebührenrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
Das Prinzip
der Gleichbehandlung im Gebührenrecht verlangt in der Regel eine Gebührenerhebung
nach einem für alle Gebührenpflichtigen geltenden einheitlichen Gebührenmaßstab.
Unterschiedliche Gebührenmaßstäbe für einzelne Gruppen von Gebührenpflichtigen
dürfen nur dann zugrundegelegt werden, wenn
bestehende wesentliche Unterschiede zwischen den Gruppen dies sachlich
rechtfertigen (vgl. dazu Lohmann, aaO.,
§ 6 RdNr. 692). Dies ist bei
Privathaushalten einerseits und bei Betrieben sowie ähnlichen Einrichtungen
andererseits der Fall. Es läßt sich als sachgerecht
ansehen, wenn der Satzungsgeber bei der Bemessung der Müllabfuhrgebühren, die
von Privathaushalten zu entrichten sind, allein auf die Personenzahl abstellt.
Denn der Umfang des erfahrungsgemäß in einem Privathaushalt anfallenden Hausmülls
richtet sich im wesentlichen nach der Anzahl der dort wohnenden Personen.
Anders ist dies zu beurteilen hinsichtlich der Menge der von der Antragsgegnerin
einzusammelnden Abfälle der Kategorie I (vgl. § 2 Ziff. 3 AbfS), die
in Betrieben und ähnlichen Einrichtungen anfallen. Da es hier in der Regel
nicht um die Einsammlung von Abfällen geht, die im Zusammenhang mit der
Lebensführung von Personen entstehen, sondern überwiegend um hausmüllähnliche
Abfälle aus Produktions- und Dienstleistungsbereichen, wäre die Verwendung des
Personenmaßstabes ungeeignet. Zu Recht hat deshalb die Antragsgegnerin für
diese Gruppe von Gebührenpflichtigen eine andere Bemessungsgrundlage zur
Gebührenberechnung gewählt, nämlich den Gefäßmaßstab, der zulässigerweise an
das Mindestbehältervolumen bzw. an die sogenannten Einwohnergleichwerte (z.B. bei Kasernen, Krankenhäusern, Schulen) anknüpft (vgl.
dazu OVG Koblenz, Urteil vom 14. Juni 1983 - NVwZ 1985,440).
Auch die
Satzungsbestimmungen der Antragsgegnerin über die Gebührensätze verstoßen nicht
gegen den gebührenrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
Der
Gleichheitssatz verlangt im Gebührenrecht die gleichmäßige Belastung der Benutzer
nach dem Ausmaß der Benutzung. Das bedeutet, dass eine gleiche Inanspruchnahme
der öffentlichen Einrichtung zu etwa gleichhohen Gebühren führen muss (vgl.
zuletzt Senatsbeschlüsse vom 19. März 1987 - KStZ
1987,190 (192) - und vom 5. August 1987 - HessVGRspr.
1987,89 (90)). Insgesamt gesehen ist dies hier der Fall. Würde man das
"Preis-Leistungs-Verhältnis" bei beiden Benutzergruppen nur
hinsichtlich der Kosten für die Entsorgung der Haus- und Gewerbeabfälle - ohne
Papier und Pappe - vergleichen, so wären zwar die Betriebe und ähnlichen Einrichtungen
in der Regel etwas begünstigt, weil sie für die Inanspruchnahme eines
gleichgroßen Abfallgefäßes für nahezu gleichartigen Abfall (vgl. § 2 Ziff. 3.1
AbfS) regelmäßig weniger Gebühren entrichten müssen. So zahlt zum Beispiel für
den 120-l-Müllgroßbehälter (MGB) ein 4-Personen-Haushalt nach dem
Personenmaßstab bei wöchentlicher Entleerung 276,-- DM Jahresgebühr (§§ 11
Ziff. 2a, 15 Ziff. 2, 18 Ziff. 1 AbfS); für den gleichen
Behälter muss ein Betrieb nach dem Gefäßmaßstab bei wöchentlicher Entleerung
nur 241,80 DM Jahresgebühr entrichten (§ 18 Ziff. 2.1b AbfS). Für den
240-l-MGB zahlt ein 6-Personen-Haushalt 414,-- DM, während für den gleichen
Behälter von einem Betrieb nur 351,-- DM verlangt werden. Diese unterschiedliche
Gebührenhöhe ist im wesentlichen auf den Umstand zurückzuführen, dass die
Satzung in § 11 zulässigerweise nur bestimmte Normgefäße eingeführt hat
(vgl. dazu die bereits erwähnten Senatsbeschlüsse vom 19. März 1987 und 5.
August 1987, aaO.), so dass bei Privathaushalten
durch die sogenannten Zwischenwerte Auf- und Abrundungen notwendig werden, die
sich häufig zum Nachteil der privaten Benutzer auswirken. Ein Ausgleich zu
Gunsten der Privathaushalte findet jedoch dadurch statt, dass bei ihnen die
Benutzungsgebühr auch die Entsorgung von Papier und Pappe in der "Blauen
Tonne" mit abdeckt - dies ist konsequent, denn der 40 1 Behältervolumen-Regelbedarf
umfaßt auch den Volumenbedarf für Papier und Pappe -,
während Betriebe und ähnliche Einrichtungen für jede Papiertonne Zusatzgebühren
entrichten müssen (vgl. §§ 15 Ziff. 3 Satz 4, 17 Ziff. 1 Satz 4,
18 Ziff. 2.3 AbfS). Diese Zusatzbelastung der Betriebe etc. wird aber von
der Satzung insoweit letztlich wieder aufgefangen, das heißt, die
Gebührengerechtigkeit im Verhältnis der beiden Benutzergruppen zueinander
dadurch weitgehend wieder hergestellt, dass die Betriebe etc. ihr zugeteiltes
Gefäßvolumen auf Antrag - hinsichtlich des Mindestgefäßvolumens allerdings nur
unter Angabe nachprüfbarer Gründe - reduzieren lassen können (vgl. dazu § 15
Ziff. 4.1 in Verbindung mit § 15 Ziff. 1 Satz 2 AbfS) mit der
Folge, dass dies dann gegebenenfalls zu kleineren Abfallbehältern und damit
nach dem Gefäßmaßstab - im Gegensatz zum Personenmaßstab bei Privathaushalten -
zu niedrigeren Gebühren führt. Soweit im übrigen dennoch gewisse Gebührendifferenzen
bei weitgehend gleicher Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung
Abfallbeseitigung nach der Satzung der Antragsgegnerin verbleiben, ist darin
kein Verstoß gegen höherrangiges Recht zu sehen. Denn sie liegen noch innerhalb
der Toleranzzone, die von den gebührenrechtlichen Grundsätzen der
Typengerechtigkeit und Verwaltungspraktikabilität gezogen wird;
Leistungsgerechtigkeit in jedem Einzelfall muss nicht gegeben sein (vgl.
BVerwG, Urteil vom 16. September 1981 - NVwZ 1982,622 (623); Lohmann, aaO., § 6 RdNr. 693). Für Härtefälle sieht § 19 Ziff. 2
AbfS in Verbindung mit §§ 4 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe a KAG, 227 Abs. 1
AO ohnehin die Möglichkeit vor, die Gebühren zu ermäßigen oder zu erlassen.
Rechtlich
ebenfalls nicht zu beanstanden ist die Sonderregelung des § 17 Ziff. 1
Satz 3 AbfS, die sich systematisch in der Vorschrift über die
"Bemessungsgrundlage für die Gebühren" befindet und den
Personenmaßstab des § 17 Ziff. 1 Satz 1 AbfS ergänzen soll. Nach der
genannten Vorschrift bleibt auf Antrag bei der Gebührenveranlagung das dritte
und jede weitere Kind je Familienverband (nach den lohnsteuerrechtlichen
Vorschriften) bis zum Ablauf des Jahres, in dem es das 16. Lebensjahr
vollendet, unberücksichtigt. Zwar verbietet es der Grundsatz der speziellen
Entgeltlichkeit, der Gebührenbemessung Kriterien zugrundezulegen,
die Leistung und Gegenleistung nicht zueinander in Beziehung setzen. Deshalb
ist bei kostenrechnenden kommunalen Einrichtungen,
wie etwa der Abfallbeseitigung, eine soziale Gebührenstaffelung zu Lasten der
übrigen Benutzer und Gebührenpflichtigen unzulässig (vgl. zur entsprechenden
Problematik bei der Erhebung von Kindergartengebühren Senatsbeschlüsse vom 28.
September 1976 - NJW 1977,452 (453); vgl. auch Lohmann,
aaO. § 6 RdNr. 685;
Lichtenfeld in: Driehaus,
Kommunalabgabenrecht, Stand 1990, § 6 RdNr. 752
mit weiteren Nachweisen). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Bei § 17
Ziff. 1 Satz 3 AbfS handelt es sich um eine sozial- bzw. familienpolitische
Härteklausel, die sich im Vergleich zur allgemeinen Härtefallregelung des § 19
Ziff. 2 AbfS als Sondervorschrift darstellt und eine
Billigkeitsentscheidung ermöglicht. Deshalb ist der entsprechenden
Verwaltungsentscheidung der Antragsgegnerin auch ein Antragsverfahren
vorgeschaltet, das heißt, die Vergünstigung - Veranlagung zu einer geringeren
Kopfzahl - wird nur auf Antrag gewährt. Entscheidend für die Unbedenklichkeit
der Vorschrift und damit für ihre Gültigkeit ist dabei der Umstand, dass der
entsprechende Gebührenausfall nicht zu Lasten der übrigen Gebührenpflichtigen
geht - die Müllabfuhrgebührenkalkulation der Antragsgegnerin bleibt unberührt -,
sondern von der Antragsgegnerin aus allgemeinen Deckungsmitteln getragen wird,
wie sie ausdrücklich klargestellt hat (vgl. dazu Lichtenfeld,
aaO., RdNr. 731 und
752; vgl. auch SenatsBeschluss vom 16. Oktober 1985 -
5 N 1/83, Umdruck S. 42 f, insoweit nicht veröffentlicht). § 17 Ziff. 1
Satz 3 AbfS berührt deshalb auch nicht die Gültigkeit der Gebührensätze gemäß § 18
AbfS.
Entgegen der
Auffassung des Antragstellers bestehen schließlich auch keine rechtlichen
Bedenken gegenüber der Gültigkeit des § 18 Ziff. 3 AbfS
(Gebührenregelung für die Anschaffung von Müllsäcken). Nach dieser Bestimmung
beträgt der Verkaufspreis für Müllsäcke 3,10 DM je Stück. Hiermit sind die
Kosten für die Einsammlung und Beseitigung der Abfälle abgegolten (§ 18 Ziff. 3
S.2 AbfS). Der Antragsteller greift die Vorschrift mit der Begründung an, sie
sei im Rahmen des Personenmaßstabes der Satzung inkonsequent, da sie auf die
Abfallmenge abstelle. Die Müllsäcke müßten kostenfrei
abgegeben werden. Dieser Einwand überzeugt nicht. Bei den von der Antragsgegnerin
eingeführten Müllsäcken handelt es sich um zulässige Abfallgefäße im Sinne der
Satzung (vgl. §§ 11 Ziff. 2b, 12 Ziff. 1, 13 AbfS; zur Zulässigkeit
der Verwendung von Müllsäcken anstelle von festen Müllbehältern vgl. zuletzt Senatsurteil
vom 7. März 1990 - HSGZ 1990,441 (443)), die aber nur ausnahmsweise verwendet
werden dürfen, falls das Fassungsvermögen der vorhandenen Müllbehälter nicht
ausreicht (vgl. § 13 Ziff. 1 Satz 1 AbfS); besteht regelmäßig höherer
Bedarf an Gefäßvolumen, so gilt § 15 Ziff. 3 AbfS. Der
Personenmaßstab des § 17 Ziff. 1 Satz 1 und die Benutzungsgebühr gem. § 18 Ziff. 1 AbfS sind zwar auf die Zahl der
Grundstücksbewohner ("Köpfe") bezogen. Die Zuteilung von Gefäßvolumen
pro Person erfolgt jedoch nicht unbegrenzt. Sie orientiert sich - wie bereits
erwähnt - am Regelbedarf von maximal 40 l je Bewohner. Das Gebot der
leistungsgerechten Differenzierung bei der Gebührenbemessung rechtfertigt für
Zusatzleistungen die Erhebung eines Gebührenzuschlags oder einer Zusatzgebühr
(vgl. Senatsurteil vom 2. November 1978 - 5 OE 99/76; Lohmann,
aaO., § 6 RdNr. 686).
Ein solcher Fall ist in § 18 Ziff. 3 AbfS geregelt. Der "Verkaufspreis"
von 3,10 DM stellt nicht nur die wertmäßige Gegenleistung für den Müllsack dar,
sondern ist zugleich - und in erster Linie - als Zusatzgebühr für die Teil-
oder Sonderinanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung Müllabfuhr zu
qualifizieren. Dies folgt schon aus dem Wortlaut der Vorschrift. Mit dem Kauf
eines Müllsackes gibt der Bürger konkludent zu erkennen, dass das zugeteilte
Müllgefäß ausnahmsweise nicht ausreicht und mit dem gefüllten Müllsack die Leistungen
der Müllabfuhr in Anspruch genommen werden sollen (vgl. Schön, aaO., § 10 Anm.9.9b, ff).
Nach alledem
war der Normenkontrollantrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1
VwGO abzulehnen.