Die Nutzung von Regenwasser als Brauchwasser technisch und rechtlich gelöst

Verwaltungsdirektor Wolfgang Fabry, Mühlheim/Main

 

 

Die Nutzung von Regenwasser als Brauchwasser ist eine durchaus wünschenswerte Möglichkeit zur Schonung unserer Trinkwasserreserven. Allerdings wird eine spürbare Verringerung des Wasserver­brauchs nicht zu erreichen sein, wenn Regenwasser in Tonnen aufgefangen wird zum Blumengießen - wie dies Hobbygärtner schon seit Jahrzehnten prak­tizieren -, sondern erst dann, wenn ansehnliche Men­gen von Regenwasser ständig in Haus und Garten Verwendung finden zu Zwecken, die keine Trink­wasserqualität voraussetzen. Dies soll möglichst ein­fach und komfortabel geschehen können, denn wir sind daran gewöhnt, sozusagen im ,,Hahnumdrehen" Wasser zapfen zu können.

 

Eine Regenwassernutzungsanlage, die allen Vor­stellungen an Bequemlichkeit entspricht, hat sich das BUND-Mitglied HOLGER PENNING für sein Einfami­lienhaus in Hünstetten einfallen lassen und in Eigenhilfe konstruiert, die im folgenden vorgestellt wird.

 

Eine Abwasserklärgrube war vorhanden, die nach dem Anschluss der Ortskanalisation an eine zentrale Abwasserkläranlage stillzulegen war. Der Schmutz­wasseranschluss wurde deshalb direkt - unter Aus­schaltung der Klärgrube - an die Abwassersammel­leitung in der Straße angeschlossen. Die Regenwas­serableitungen vom Haus, die bisher direkt zur Ab­wassersammelleitung führten, wurden hingegen in die zuvor gereinigte Klärgrube eingeführt.

 

Einige Meter neben der ehemaligen Klärgrube war ein Heizöl-Erdtank mit einem Fassungsvermögen von 7,5 m3 vorhanden, der ebenfalls stillgelegt wurde, als das Einfamilienhaus an die Erdgasversor­gung angeschlossen wurde. Auch dieser Heizöltank im Garten wurde gereinigt und steht seitdem eben­falls als Regenwasserreservoir zur Verfügung.

Das von den Dachflächen abfließende Regenwasser wird zunächst in der ehemaligen Klärgrube gesam­melt. Von dort wird das Wasser mittels einer Tauch­pumpe in den alten Öltank gepumpt, der nicht so tief in der Erde sitzt wie die ehemalige Klärgrube. Gleich­zeitig wird erreicht, dass das in der ehemaligen Klär­grube gesammelte Niederschlagswasser dort eine Teilklärung erfährt. Von dem ehemaligen Öltank führt dann eine Wasserleitung in den Keller des Hauses, in dem ein Hauswasserwerk installiert ist, das mit einem Druckbehälter arbeitet. Selbstverständlich sind die Wasseransaugleitungen der Tauchpumpe in der Klärgrube und des Hauswasserwerks im Keller mit Filtern versehen, damit keine groben Schmutzstoffe in die weiterführenden Wasserleitungen gelan­gen. Das Hauswasserwerk wird im übrigen durch ei­nen Schwimmerschalter im ehemaligen Öltank ge­steuert, damit die Hauswasserpumpe nicht trockenläuft.

 

Im Abgang des Hauswasserwerks zur Brauchwas­serinstallation befindet sich ein handelsüblicher Feinfilter, der die im Brauchwasser noch enthaltenen Schwebstoffe zurückhält. Hinter diesem Feinfilter kann problemlos ein Wasserzähler eingebaut werden zur Ermittlung der Wassermengen, die als Brauchwasser im folgenden dann genutzt werden. Vom

Hauswasserwerk aus führen Leitungen zu den Brauchwasserentnahmestellen,  und  zwar  zur Waschmaschine, zu den Toilettenspülkästen und zu den Außenzapfhähnen für die Gartenbewässerung. Auf diese Art und Weise ist eine Brauchwasserver­sorgung geschaffen worden, die im technischen Auf­bau einer zentralen Wasserversorgung entspricht mit dem einzigen Unterschied, dass sie nicht aus dem Grundwasser gespeist wird, sondern vom Nieder­schlag auf die Dachfläche des Einfamilienhauses. Der vom Hauswasserwerk erzeugte Wasserdruck in der Hausinstallation reicht aus, um die Waschma­schine, die Toilettenspülkästen wie auch Rasen­sprenger im Garten zu betreiben. Aus technischer Sicht muss allerdings mit Nachdruck darauf hingewie­sen werden, dass derartige Brauchwasserinstallationen völlig getrennt sein müssen von der Trinkwas­serinstallation. Es darf absolut keine Verbindung zwi­schen Trinkwasserinstallation und Brauchwasserin­stallation bestehen, auch ein Rückfluss von Brauchwasser in das Trinkwassernetz muss z.B. bei Rohr­reinigungsarbeiten absolut ausgeschlossen sein. Rückflussverhinderer oder Absperrarmaturen reichen für eine derartige Trennung von Trinkwassernetz und Brauchwassernetz nicht aus. Vielmehr müssen dort, wo Trink- und Brauchwasser zusammenlaufen können, die Ausläufe jeweils in freiem Fall ausmün­den. Bei den Toilettenspülkästen beispielsweise fließt das Trink- wie das Brauchwasser in freiem Fall in den Spülkasten, der mit zwei selbständigen Spülkastenarmaturen ausgestattet sein muss. Der Wasseranschluss-Schlauch der Waschmaschine kann entweder an den Brauchwasserhahn oder aber den Trinkwasserhahn angeschraubt werden.

 

Wenn diese generelle Forderung nach einer vollstän­digen Trennung zwischen Brauchwasserversorgung und Trinkwasserversorgung sichergestellt ist, kann jede Gemeinde, nach der Zulässigkeit einer derarti­gen Brauchwasserversorgungsanlage gefragt, diese Frage bejahen, wenn sie folgende rechtliche Über­legungen anstellt:

 

Wasser, das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Grundstücken abfließt (Niederschlagswasser) ist Abwasser (vgl. §45a Abs. 2 HWG). Abwasser ist von demjenigen, bei dem es anfällt, dem Beseitigungspflichtigen zu überlassen. Die Abwasserbeseitigung obliegt in der Regel den Gemeinden, in denen das Abwasser anfällt. Dies gilt nicht, soweit anfallendes Abwasser im Rahmen des § 15 des Abfallgesetzes auf landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzte Böden auf­gebracht wird, sofern das übliche Maß der landwirt­schaftlichen Düngung nicht überschritten wird (vgl. §45b Abs. 1 Satz 1 bis 3 HWG). Aus diesen Vor­schriften des Hessischen Wassergesetzes ergibt sich jedoch nicht, daß Niederschlagswasser, das ja Abwasser ist, als solches dem Abwasserbeseiti­gungspflichtigen zu überlassen ist und deshalb nicht noch einmal gebraucht werden dürfte. Wird Nieder­schlagswasser im Haushalt noch einmal verwendet, z.B. in der Waschmaschine oder zum Toilettenspü­len, dann wird daraus Schmutzwasser, das dann der öffentlichen Abwasserbeseitigung überlassen wird. Soweit das gesammelte Niederschlagswasser zum Gartensprengen benutzt wird, fällt es unter die Aus­nahmeregelung des § 45 b Abs. 1 Satz 3 HWG.

 

Wasserrechtlich ist also gegen eine derartige Brauchwasseranlage nichts einzuwenden, im übrigen wird die Novellierung des Hessischen Wassergesetzes zu Regelungen führen, die eine derartige Niederschlagswassernutzung begünstigen.

 

Allerdings haben fast alle Gemeinden in ihrer Allge­meinen Wasserversorgungssatzung  den  so genannten Benutzungszwang geregelt, wonach alle Benutzer der an die öffentliche Wasserversorgungs­anlage angeschlossenen Grundstücke ihren ge­samten Frischwasserbedarf aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage zu decken haben. Doch sehen diese Satzungsregelungen auch die Möglich­keit vor, dass Teilbefreiungen vom Benutzungszwang gewährt werden können, was immer dann zu emp­fehlen ist, wenn ein Grundstückseigentümer eine der­artige Nutzung von Niederschlagswasser anstrebt. Eine Niederschlagswassernutzung muss umweltpoli­tisch anders gesehen und beurteilt werden als private Grundwasserentnahmen, die nach Möglichkeit ein­zuschränken sind.

 

Abwassergebührenrechtlich muss gesehen werden, dass Niederschlagswasser, das im Haushalt als Brauchwasser Verwendung findet, der Abwasserge­bührenpflicht unterliegt. § 8 Abs. 2 der Abwasserbei­trags- und -gebührensatzung (Mustersatzung des Hessischen Städte- und Gemeindebundes) bestimmt u.a., dass als Abwasser gelten:

 

a)   die auf dem Grundstück aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage oder aus Versor­gungsanlagen anderer Wasserversorgungs­unternehmen entnommenen Wassermengen sowie

b)   die aus anderen Anlagen (z. B. Quellen, Brun­nen, Wasserläufen, Grundwasser> entnom­mene Wassermenge, die durch einen vom Grundstückseigentümer  anzuschaffenden und zu unterhaltenden, von der Gemeinde jederzeit überprüfbaren, gültig geeichten oder beglaubigten Wasserzähler zu messen ist.

 

Damit ist also eindeutig geregelt, dass als gebühren­pflichtiges Abwasser auch die Wassermenge gilt, die aus einer derartigen Brauchwasseranlage entnom­men wird.

 

Soweit aus der Brauchwasseranlage Niederschlags­wassermengen zur Gartenbewässerung benutzt werden, sind vom Grundsatz her auch diese Wasser­mengen abwassergebührenpflichtig und könnten al­lenfalls im Rahmen des § 8 Abs. 3 der Abwasserbei­trags- und -gebührensatzung gebührenfrei gestellt werden, wenn und soweit die dort festgelegte Schwellengrenze überschritten wird.

 

Die hier vorgestellte Regenwassernutzungsanlage hat dem Erbauer einen Materialkostenaufwand von etwa 1.400,- DM verursacht. Die Installation erfolgte in Eigenhilfe und hätte vermutlich zwei Gesellentage für einen Installateur beansprucht. Das Jahresein­sparungsergebnis betrug etwa 60 m³, was wegen des trockenen letzten Sommers sehr niedrig ist. Aller Wahrscheinlichkeit nach dürften etwa jährlich 100 m³ an Trinkwasser einzusparen sein. Die Rentabilität einer derartigen Brauchwasseranlage hängt also weitgehend davon ab, wie hoch der örtliche Wasserpreis in die Rechnung einzustellen ist, welches Spei­chervolumen verfügbar ist, um auch Trockenwetter­zeiten zu überbrücken und wie die individuelle In­tensität der Brauchwassernutzung zu bemessen ist. Auf jeden Fall kann sich der Betreiber einer derartigen Brauchwasseranlage zugute halten, einen ak­tiven Beitrag zum Grundwasserschutz geleistet zu haben. Der umweltrelevante Vorteil einer derartigen Brauchwasseranlage liegt nicht nur darin begründet, dass die Inanspruchnahme von Grundwasser gemin­dert wurde, sondern dass die Benutzung des Regenwassers auch positive Auswirkungen hat auf die Rei­nigungsleistung der kommunalen Abwasserbehand­lungsanlage.

 

Die von Herrn HOLGER PENNING gebaute Nieder­schlagswassernutzungsanlage soll demnächst noch dahingehend erweitert werden, dass auch gering ver­schmutztes Abwasser aus dem Haushalt, das so genannte Grauwasser aus Bad, Dusche und Wasch­maschine einer nochmaligen Nutzung in den Toilet­tenanlagen zugeführt wird. Diese Anlagenerweite­rung befindet sich derzeit im Baustadium, so dass noch keine Nutzungserfahrungen vorliegen.

 

 

In HSGZ 1989, S. 125

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